Kirgistan per Fahrrad 2016 – Reisebericht

Reiten in KirgistanAm Sonntag, dem 14.08.16 erreichten wir per Fahrrad, von Tadschikistan kommend, Kirgistan, das Land der Jurten. Nirgendwo sieht man in den Sommermonaten noch so viele Jurten wie hier. Kirgistan ist visumfrei bis 2 Monate Aufenthalt. Damit waren Ein- und Ausreise garantiert sehr unkompliziert.

Wir hatten geplant, über Sary-Tash, Osh, Kara-Kol, Toktogul und Kara-Balta nach Bischkek zu fahren. Von Tas-Kumor bis Kara-Balta führt der Weg dabei über 360 km durchs Gebirge.

Für den 04.09.16 war unser Flug von Bischkek nach New Delhi in Indien gebucht. Also hatten wir knapp 3 Wochen Zeit für den Weg bis Bischkek.

Unsere Tipps für Radreisen in Kirgistan.

Unser Reisebericht über Kirgistan:

 

Unsere Route durch Kirgistan auf OpenStreetMap

Kirgistan Weltkarte

Kirgistan

© OpenStreetMap-Mitwirkende

Sonntag, 14.08.16

Zwischen den beiden Grenzstationen lagen 20 km Niemandsland durch schönste Gebirgslandschaft. Das Gestein schimmerte in allen Farben und die Flussläufe führten smaragdgrünes Wasser.

Pamir-HighwayNach der zügigen, unbürokratischen Grenzkontrolle (die Pässe wurden gescannt und es gab den Stempel in den Pass, fertig!) fuhren wir weiter talwärts Richtung Sary-Tash. Dabei verließen wir langsam das Pamir-Gebirge.

Sary-Tash liegt am Nordrand eines 30 km breiten und 150 km langen „Tales“ auf einer Höhe von 3000 m, das sich von West nach Ost erstreckt. Einige Nomaden-Familien leben hier in den Sommermonaten in ihren Jurten entlang der Straße. An einer dieser Jurten wurden wir auf einen Tee eingeladen. Daraus wurde dann das Angebot, neben der Jurte im Zelt zu übernachten.

Reiten in KirgistanAlles war für die Familie in der Jurte sehr interessant: das Zelt, unser Equipment, die Räder, einfach alles. Sie wollten mal ins Innenzelt klettern, auf unseren Rädern fahren und sie wollten sehen, wie unser Campingkocher auf- und abgebaut wird.

Im Gegenzug durften wir Esel und Pferd reiten und Annett durfte beim Melken der Kühe helfen.

Unser Video auf YouTube:

Film-Clip zum Reiten

Als wir dann endlich im Zelt lagen, entdeckte die lebhafte Tierwelt dieser Familie unser Zelt: die Ziegen und Schafe, 50 Rinder, 2 Esel, ein Pferd, 3 Hunde und ein paar Hühner sorgten die gesamte Nacht für eine sehr abwechslungsreiche Geräuschkulisse in Dolby-Surround-Qualität um unser Zelt. Vor allem die Esel waren beeindruckend laut. Unvergesslich.

Montag, 15.08.16

In der Jurte wurde die frisch gemolkene Kuhmilch durch eine Zentrifuge in Trinkmilch und Butter getrennt. Da durften wir zum Frühstück einmal kosten. Im Gegenzug überließen wir der Familie einen Teil unserer Haferflocken, an denen sie sehr interessiert waren.

Nach dem Abschied fuhren wir nach Sary-Tash, in der Erwartung, Geldwechsel, Einkauf, WiFi und andere Dinge erledigen zu können. Doch Sary-Tash ist ein Dorf, nicht größer als Alichur.

Dementsprechend gab es nur 4 kleine Läden, einige Homestays und eine Tankstelle. Geldwechsel und WiFi fielen aus. Dafür nahmen die Läden unsere restlichen tadschikischen Somoni, wenn auch das Sortiment der Läden wieder einmal nicht viel Brauchbares für uns enthielt. Und weil es heute regnerisch und kalt war, entschieden wir uns, in einem kleinen Restaurant warm essen zu gehen.

Danach verließen wir Sary-Tash und es ging direkt wieder hoch in die Berge auf 3615 m in den Taldyk-Pass. Der Anstieg ist ungewöhnlich steil und bei den LKW-Fahrern gefürchtet.

Unser Video auf YouTube:

Flim-Clip zum Taldyk-Pass

Dahinter begann endlich die Abfahrt ins Tal: von 3600 m hinunter auf 1600 m bis nach Gulco. Die ersten 10 km führte eine steile, Serpentinen-reiche Straße steil in die Tiefe. Alle 500 m musste man bis auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen, weil ein 50 m langer Riegel aus Betonplatten die glatte Asphaltdecke unterbrach und unberechenbar holprig war. Unglücklicherweise begann es während der Abfahrt auch noch zu regnen. Das machte die Straße in den Kurven sehr rutschig. Kein Vergnügen. Dabei ist das Panorama traumhaft schön und lädt zum Genießen ein. Doch die Straße forderte unsere volle Aufmerksamkeit.

Nach dem Ende der Serpentinen rollt man weiter mit leichtem Gefälle durch ein Schlucht-artiges Tal gemütlich am Fluss entlang und kann die Vielzahl der Jurten und Nomaden-Behausungen entlang der Straße bestaunen. Sehr sehenswert.

Unterkühlt von der Abfahrt, dem kalten Wind und dem Regen bauten wir dann kurz vor Einbruch der Dunkelheit nahe der Straße das Zelt auf.

Dienstag, 16.08.16

Wir hatten 14 °C, Zelt und Schlafsäcke waren nass. Die Sonne schien zwar vom Wolken-freien Himmel, doch sie erreichte uns nicht, weil unser Zeltplatz im Schatten der hohen Felswände lag. So verpackten wir nass.

Lesetipp: Das perfekte Zelt für deine Reisen finden

Die Straße führte weiter durch eine sagenhafte Schlucht: schroffes rotes Gestein und skurrile Formen, sehr sehenswert. Wir hatten stets leichtes Gefälle, manche rasante Abfahrt und immer wieder mal einen kleinen Anstieg. Es ging hinunter bis auf 1600 m Höhe in Gulco. Unterwegs trafen wir auch wieder andere Reiseradler: diesmal war es eine Gruppe von 6 Koreanern. Sehr nett.

Das Wetter wurde im Laufe des Tages wieder sehr durchwachsen: starke Bewölkung zog auf und es gab einzelne kleine Regenschauern und auch Gewitter. Je tiefer wir kamen, desto wärmer wurde es aber.

Nach 70 km erreichten wir abends Gulco. Mit 13.000 Einwohnern eine größere Stadt. Wir fanden 2 Banken, mussten den Geldwechsel aber auf morgen verschieben, weil sie schon geschlossen hatten.

Auf der Suche nach einem Platz für unser Zelt fuhren wir in eine Seitenstraße, wurden von Anwohnern angesprochen und landeten dann mehr zufällig bei einer Familie mit englischen Sprachkenntnissen. Es folgte eine Einladung zur Übernachtung im Haus und wir hatten einen netten Abend mit einem intensiven Austausch über unsere beiden Heimatländer. Dazu aßen wir das kirgisische Nationalgericht „Lagman“ als Dinner.

Mittwoch, 17.08.16

Beim gemeinsamen Frühstück boten unsere Gastgeber uns die Mitnahme per Auto bis nach Osh an. Sie hatten dort einiges zu erledigen und es war zufällig unsere Fahrtrichtung. Das würde uns einen Pass mit 800 Metern Aufstieg und 80 km Strecke ersparen. Nach kurzem Zögern willigten wir ein.

In den Kleinwagen der Familie passten unsere Räder nicht hinein. Dafür wurde ein zweites, größeres Fahrzeug aus der Nachbarschaft organisiert. Als dieses eintraf, mussten wir feststellen, dass auch dessen Laderaum leider zu klein war. Schade.

Doch unser Gastgeber blieb hartnäckig und organisierte per Anhalter einen passenden Klein-LKW für Räder und Gepäck. Wir selber fuhren dann im Kleinwagen unseres Gastgebers mit. Landschaftlich war die gesamte Strecke nicht sonderlich spektakulär.

So erreichten wir zur Mittagszeit Osh. Die Stadt liegt auf 1000 m Höhe und es ist so heiß hier wie in Dushanbe. Jetzt konnten wir die Wintergarderobe wohl wieder wegpacken für einige Tage. Erst ab Tas-Komur geht es wieder in die Berge. Bis dahin bleibt es jetzt wohl sommerlich heiß.

Lesetipp: Fahrrad Bekleidung für Radreisen

Wir beschafften uns kirgisische Som, kauften eine Telefon-SIM-Karte, gingen essen, erledigten Einkäufe und beschafften uns Spiritus für unseren Trangia-Kocher. Wir beschlossen, über Nacht in der Stadt zu bleiben, denn wir hatten noch mehr zu erledigen. So suchten wir in der Dämmerung im Zentrum am Fluss ein ruhiges Fleckchen Rasen und bauten das Zelt auf.

Lesetipp: Den passenden Camping Kocher finden

 

Donnerstag, 18.08.16

Als wir um 5:00 Uhr aufstanden, war schon viel los ums Zelt. Jogger, Reinigungskräfte, Bettler, Kinder … Wir wurden nett begrüßt und waren für alle eine interessante Abwechslung hier im Park.

Wir schlenderten zunächst über den nahe gelegenen Bazar. Bei einem Straßen-Schuster wollte ich meine Schuhsohlen erneut kleben lassen (die Reparatur des Schusters in Usbekistan hatte nicht lange gehalten). Als ich sah, dass dieser Schuster auch nur „quick and dirty“ arbeiten wollte, verabschiedete ich mich wieder unverrichteter Dinge und suchte einen „richtigen“ Schuster mit Werkstatt auf. Er versprach mir „gute Arbeit“.

Ich sollte in einer Stunde wiederkommen und da nutzten wir die Wartezeit für Einkäufe auf dem Basar: Flip-Flops, Kakao, Haferflocken, usw.. Dann gingen wir auf die Suche nach WiFi: Hotels haben meist WiFi, waren aber schwer zu finden hier in Osh. Die Locals schickten uns mehrfach in unterschiedliche Richtungen und so dauerte es über 2 Stunden, bis wir endlich Erfolg hatten:

Das erste Hotel hatte zwar WiFi, aber nach 13 MB fiel das Internet aus. Wir warteten eine Stunde erfolglos. Also suchten wir weiter. Im nächsten Hotel sollten wir auf Zimmer 29 gehen; dort sei die Verbindung zum Router am besten. War auch so. Doch der Datenfluss war spärlich. Als wir dann 16:30 Uhr beschlossen, aufzubrechen, wurde aus der schlechten Leitung plötzlich ein Rennpferd. Wahrscheinlich war in den Büros der Stadt jetzt Feierabend, alle Computer wurden ausgeschaltet und wir hatten die Leitung für uns alleine. Da beschlossen wir, doch noch zu bleiben. Ich kaufte eine Honigmelone und wir integrierten die Dame aus der Hotel-Rezeption während unserer WiFi-Nutzung in unsere Melonen-Pause.

Kurz vor der Dämmerung verließen wir die Stadt. Auf der Suche nach einem Zeltplatz kamen wir dann prompt in die Dunkelheit, fanden aber doch noch einen ruhigen Platz in der Nähe einiger Bauernhöfe. Allerdings war es nicht ganz einfach, per Stirnlampe eine passende Stelle ohne Sträucher und Disteln auf dem Gelände zu finden.

Lesetipp: Die perfekte Stirnlampe – Worauf achten?

 

Freitag, 19.08.16

Dornen unter der SchlafmatteAls wir packten, fielen uns diese kleinen dornigen Kugeln auf, die wir schon aus Griechenland kannten und die uns vor einigen Monaten 2 Löcher in unseren Schlafmatten beschert hatten. Wir hatten wohl mächtig Glück gehabt mit der Wahl unseres Zeltplatzes. Die Matten waren unversehrt. Aber in unseren Schuhsohlen steckten 20 dieser kleinen Teufel. Sie lagen verstreut hier auf dem Boden um das Zelt herum. Zufällig hatten wir unser Zelt also auf einem Dornen-freien Fleckchen aufgebaut.

Die Straße Richtung Zalal-Abad, unserer nächsten größeren Stadt auf dem Weg nach Bishkek, war eine holprige, asphaltierte Buckelpiste. Sie verlief bis Kara-Ssuu zwar ohne Steigung, ließ aber keine große Geschwindigkeit zu. Das nervte etwas.

In Kara-Ssuu flüchteten wir für eine Pause aus der drückend heißen Sonne und wurden zu einem kühlen Bier eingeladen. Aus einem wurden dann zwei und als die dritte Flasche vor mir stand, flüchteten wir ganz zügig, sonst wären wir dort für den Rest des Tages versackt.

Hinter Kara-Ssuu ging es stetig leicht bergauf. In Verbindung mit der weiterhin schlechten Straße polterten wir so mühsam vor uns hin. Am Nachmittag schenkte uns ein Erntehelfer im Vorbeifahren dann eine Wassermelone, die wir sofort zum Anlass für die nächste Pause machten.

Deutlich vor Einbruch der Dämmerung fragten wir an einer Farm nach einem Platz fürs Zelt und wurden eingeladen, im trockenen Schuppen auf dem Teppichboden zu schlafen. Dann wurden wir noch auf einen Tee ins Haus der Familie gebeten. Und dazu gab es dann noch Nudelsuppe, Brot und noch einiges mehr.

Samstag, 20.08.16

Weiter ging es Richtung Ozgon. Der Straßenbelag wurde deutlich besser, ab dem wir auf der direkten Verbindung von Osh nach Ozgon unterwegs waren. Aber hier gab es deutlich mehr Verkehr.

Wir machten Melonenpause unter einem Pflaumenbaum mit reifen Früchten (lecker!). Hinter Ozgon ging es dann kernig bergauf und bergab: Die Straße verlief hier durch ein kleines Mittelgebirge. Das hätte uns nicht weiter gestört, doch es war schon kurz vor der Dämmerung. Da hatten wir große Sorge, ohne Wasser in den Bergen das Zelt aufbauen zu müssen.

Da hielt vor uns plötzlich ein leerer Klein-LKW. Als wir unsere Räder am LKW vorbeischoben, fragten wir den Fahrer nach der Möglichkeit, uns mitzunehmen. Und tatsächlich: er fuhr bis Zalal-Abad und nahm uns die ca. 20 km durch Berg und Tal mit. Ich blieb während der Fahrt wieder hinten auf der Ladefläche und achtete während der Fahrt darauf, dass die Räder stehen blieben.

Als wir kurz vor Zalal-Abad vom LKW stiegen, dämmerte es schon. Wir füllten noch unsere Wasserflaschen an einem Restaurant, fuhren in die erstbeste Seitenstraße und fragten nach einem Platz fürs Zelt. Und wieder folgte sofort eine Einladung zur Übernachtung im Haus. Auch diesmal holten wir unseren Kocher umsonst aus der Packtasche: Wir waren zum Dinner eingeladen: Plov, Pfannkuchen (Bilinski), Melone, Kekse, Birnensaft, … Wir waren sprachlos.

Sonntag, 21.08.16

Zum Frühstück gab es nochmals Pfannkuchen; weil wir die gestern so lobend erwähnt hatten. Das war traumhaft. Nach einer herzlichen Verabschiedung fuhren wir in die Restaurant-Meile vor Zalal-Abad und suchten uns WiFi. Wir wollten uns über Couchsurfing bzw. Warm Showers rechtzeitig eine Bleibe suchen für die mehrtägigen Aufenthalte in Bishkek und New Delhi. Danach nutzten wir die örtliche Gastronomie noch für eine vorgezogene Mittagspause. Zu verlockend sind die angebotenen Spezialitäten und der Duft gegrillter Fleischspieße.

Hinter Zalal-Abad führte die Straße mit schlechter Straßendecke sofort bergauf. Wir mussten um die Krater im Asphalt herum jonglieren. Den Autoverkehr interessierte das herzlich wenig: fast alle bretterten schnurgerade ungebremst an uns vorbei und hielten selten einen für uns gesunden Seitenabstand ein. Es ist eine alte, schmale zweispurige Straße, die im Hinblick auf Tempo, Spurenanzahl und Überholverhalten wie eine Autobahn genutzt wird.

Oben auf dem höchsten Punkt fragten wir an einem Restaurant nach Wasser und bekamen gleich ein Stück Melone in die Hand gedrückt. Dann unterhielten wir uns noch und nach fünf Minuten saßen wir auf der Terrasse und waren eingeladen auf Suppe, Brot, Bier, Tee und noch mehr Melone. Unglaublich, diese Gastfreundschaft.

Nach der Abfahrt fuhren wir noch bis Bazar Korgon und suchten in einer kleinen Seitenstraße nach einem Zeltplatz. Diese scheinbar kleine Straße war in Wirklichkeit endlos lang und führte uns tatsächlich immer tiefer in die Stadt. Nach 3 km kehrten wir um, nachdem uns ein Anwohner deutlich gemacht hatte, dass wir hier vergeblich suchen. Er beschrieb uns den Weg zu einem Hotel an der Hauptstraße.

Kurz vor der Hauptstraße hielt uns derselbe Anwohner nochmals an und informierte uns darüber, dass er gerade erfahren hat, dass das Hotel geschlossen ist. „Kein Problem“, sagte ich, wir finden schon einen Platz. Doch er, Slam, lud uns jetzt spontan zu sich nach Hause ein. Wir folgten seinem Wagen ca. 5 km durch die Stadt bis zum Haus. Dabei wurde uns bewusst, wie riesig diese Ortschaft tatsächlich war.

Und wieder gab es abends eine Kostprobe der kirgisischen Küche statt unserer Trangia-Gerichte.

Montag, 22.08.16

Nach einem kleinen Frühstück bezahlten wir (ja, die Leute wollten Geld) und fuhren weiter. Die Straße war unverändert schlecht und der Verkehr gefährlich. In Kockor-Ata machten wir Pause. Die leckeren Snacks in den Garküchen entlang der Hauptstraße waren sehr verlockend.

Mittags wurde es wieder 37 °C heiß. Da flüchteten wir in den Schatten neben einem Obst-Verkaufsstand. Und prompt erhielten wir eine Melone geschenkt. Als die größte Hitze durch war, fuhren wir weiter. Die Straße wurde jetzt deutlich besser, aber es war trotzdem noch viel Verkehr. Es ging durch eine nette Hügellandschaft: leicht rauf und runter. Links der Straße verlief nun über einige km der Grenzzaun zu Usbekistan.

Zur Zeltplatzsuche fuhren wir an einem Restaurant in eine Seitenstraße und fragten am letzten Haus. Es folgte wieder eine Einladung ins Haus. Ich nutzte die Zeit bis zum Dinner und reparierte eine Naht an einem meiner Schuhe mit Nadel und Faden (und stach mich dabei mindestens so oft in die Finger, wie ich Stiche am Schuh setzte).

Abends zog ein Gewitter ganz in der Nähe an uns vorbei und nachts kam dann noch ein gewaltiger Sturm auf, der dreimal mit soviel Druck durch die offenen Fenster blies, dass die Zimmertüre aufflog. Aber es blieb trocken.

Dienstag, 23.08.16

Vor Tas-Komur wurde die Landschaft schlagartig wieder interessant: Schroffe Berge aus rotem Gestein säumten den Weg und entlang der Straße lag ein zum See aufgestauter Fluss eingebettet zwischen den steilen Berghängen. Sehr malerisch. Aber auch sehr anstrengend wegen der vielen Höhenmeter: Es ging ständig im Wechsel auf und ab.

Landschaft bei Tas-Komur

Es wurde um die Mittagszeit 40 °C heiß. Da kam uns die Gelegenheit zum Baden in diesem Stausee gerade recht. Doch lange hielten wir es nicht aus: Das Wasser war sehr kalt.

Am späten Nachmittag wurde uns bewusst, dass wir auf den nächsten 60 km bis Kara-Kol keine Zivilisation und auch kein Trinkwasser vorfinden würden. Da trampten wir für die weitere Strecke, um nicht ohne Wasser irgendwo in der Wildnis in die Dunkelheit zu geraten. Es dauerte nicht lange, da nahm uns ein LKW mit.

Lesetipp: Trampen auf Radreisen – Tipps

Wir fuhren über Kara-Kol und Toktogul bis kurz vor den Ala-Bel‘-Pass; das waren 200 km ständige Berg- und Tal-Fahrt durch die Bergwelt des Bezirks Zalal-Abad mit seinen bis zu 4500 m hohen Gipfeln. Die Landschaft war traumhaft schön: Die Straße schlängelte sich bis zum Lake Toktogul durch eine gigantische Schlucht und die steilen Berghänge stürzten förmlich in den langen, schmalen Stausee. Es erinnerte an die norwegischen Fjorde.

Um 21:00 Uhr in der Nacht stiegen wir an einem 24-Stunden-Restaurant aus dem LKW. Einen Platz fürs Zelt gab es nicht. Wir gingen im Restaurant noch etwas essen und legten unsere Schlafsäcke dann auf dem Parkplatz vor dem Restaurant unter einen Pavillon neben einen rauschenden Wildbach. Sehr romantisch. Der kalte Windzug störte etwas, aber sonst war der Schlafplatz sehr angenehm.

Mittwoch, 24.08.16

Es war eine ruhige Nacht. Wenig Verkehr auf der Straße und auf dem Parkplatz. Wir holten uns kochendes Wasser im Restaurant und konnten in der warmen Stube frühstücken.

An der Straße gab es jetzt unzählig viele Honig-Verkaufsstände. An einem dieser Stände ließ ich unsere kleine Honigdose auffüllen. Bezahlen durfte ich nicht. Stattdessen wurden wir zum Tee eingeladen. Aus dem Tee wurde dann eine richtige Mahlzeit: Brot, Schinken, Speck, Honig. Unterdessen rieten sie, Alex und Sergej, uns, heute hier zu bleiben. Vor uns lagen wohl 30 km Aufstieg mit 2600 Höhenmetern. Sie würden morgen einen LKW organisieren, der uns über den Pass bringt. Schlafen könnten wir im Raum nebenan.

Wir ließen uns überreden. Damit wurde aus dem heutigen Tag ein Pausentag. Wir nutzten die freie Zeit zum Wäschewaschen. Dann zeigte Alex mir stolz seine eigene Stromversorgung: Eine mit Bachwasser betriebene Turbine trieb einen Generator an. Somit hatte er 24 Stunden am Tag kostenlosen Strom.

Dann bot uns Alex eine Spritztour in die Berge an. Wir fuhren mit seinem Lada 4 x 4 über abenteuerliche Lehmpisten hoch in den Berg. Plötzlich hielt er an, machte den Motor aus und sagte: Wir gehen jetzt schwimmen. Wir kletterten auf einen Felsen an einem kleinen Bergsee und sprangen aus drei Meter Höhe ins kalte Nass. Sehr erfrischend und etwas abenteuerlich. Das Schwimmen durch das mit Schlingpflanzen überwucherte Wasser war dann etwas gewöhnungsbedürftig und hatte einen Hauch von „Dschungelcamp“.

Unser Video auf YouTube zur Spritztour

Als wir dann unsere Fahrt fortsetzen wollten, warf Alex zwei Sitzkissen auf den Dachträger und bot uns an, die Weiterfahrt vom Autodach aus zu genießen. Das fühlte sich an, wie ein Trip durch den Safaripark. Zum Abschluss besuchten wir dann eine Familie, die in den Bergen in der Jurte lebte. Alex brachte Honig und Wodka mit und erhielt im Gegenzug vergorene Stutenmilch. Nach der obligatorischen Tee-Runde und einer Besichtigung der Pferde ging es dann wieder Richtung Heimat.

Kaum waren wir zurück, brachte Alex Stiefel für mich und sagte, wir gehen jetzt in den Wald, Tannenzweige schneiden. Aus den Zweigen band Alex dann Tannenwedel und sagte, die brauchen wir gleich: in der Sauna. „Sauna?“ Tatsächlich: Unweit der Baracke stand eine Blechhütte mit 2 Kammern, einem Holzofen und Steinen für den Aufguss. Alles selbstgebaut. Der Ofen brannte, in der Sauna war es 90 °C heiß. Neben der Sauna stand ein großer Wasserbottich, randvoll mit kaltem Wasser für die Abkühlung nach dem Saunagang. Wir zögerten nicht lange und waren zehn Minuten später bereit für den ersten Saunagang. Das war eine tolle Überraschung, mit der wir niemals gerechnet hätten. Ein unglaublicher Abschluss eines unglaublichen Tages.

Nach 2 Stunden Sauna waren wir so müde wie selten und nur noch reif für den Schlafsack.

Donnerstag, 25.08.16

Alex hatte für uns heute Morgen zwei LKWs organisiert. Sie fuhren uns über den Ala-Bel‘-Pass (3184 m), über das dahinterliegende Hochplateau und durch den Tunnel auf dem Too-Asuu-Pass (der Tunnel auf 2564 m Höhe ist für Radfahrer verboten; sie müssen über den Pass mit 3586 m!). Die LKWs waren schwer beladen. Somit ging es nur im Schneckentempo bergauf. Aber das war immer noch schneller, also wir unsere Räder hochschieben würden.

Unser Video auf YouTube:

Flim-Clip zum Tunnel

Oben auf dem Hochplateau standen unzählig viele Jurten, man sah Pferdeherden, Rinder, reitende Cowboys und weite Prärie. Es fehlten nur die Büffelherden, dann hätte es wie der „Wilde Westen“ ausgesehen.

Nach insgesamt 140 km Strecke verließen wir die LKWs, bedankten uns ganz herzlich und fuhren per Fahrrad weiter bis Kara-Balta. Hier suchten wir uns in der Dämmerung in einer Seitenstraße einen Zeltplatz und wurden zufällig vom Polizeichef angesprochen. Der sprach etwas deutsch und nach fünf Minuten waren wir (rate mal) eingeladen zur Übernachtung im Garten seines Anwesens.

Vor zwei Tagen hatten wir noch Sorge, nicht rechtzeitig zum 04.09. am Flughafen in Bishkek anzukommen wegen der vielen Höhenmeter. Und jetzt hatten wir durch die zweimalige LKW-Unterstützung plötzlich 9 Tage Zeit und nur noch 100 km Entfernung bis Bishkek.

Freitag, 26.08.16

Wir gingen den Tag sehr gelassen an; hatten wir doch jetzt Zeit genug. Nach wenigen km machten wir Frühstücks-Pause und organisierten per Anruf bei einem Warm Showers Kontakt in Bischkek die ersten Übernachtungen.

In der Mittagspause wollten wir den Tadschikistan-Reisebericht für unseren Blog Korrektur-lesen, doch daraus wurde nichts. Ein Anwohner grüßte uns und lud uns ein in sein Haus. Dort gab es dann Lunch im Kreis der Familie und danach die obligatorische Runde Schlaf, bevor wir wieder aufbrachen.

Die Straße zwischen Kara-Balta und Bischkek ist für Radfahrer extrem gefährlich: Der Asphalt am Rand der Fahrbahn bröckelt und macht das Radfahren stellenweise unmöglich. Ausweichen zur Fahrbahn-Mitte bedeutet jedoch Kollisionsgefahr mit den Autos, Kleinbussen und LKWs. Der Seitenabstand war meist unter einem halben Meter, die Geschwindigkeit der Autos zwischen 80 und 100 km/h. Sehr belastend auf Dauer.

Lesetipp: Die größten Unfallgefahren für Radfahrer

In Ak-Suu fanden wir in einer Seitenstraße vor dem letzten Grundstück einen ruhigen Zeltplatz. Als das Zelt stand, kam der Eigentümer an uns vorbeigefahren, hielt an und fragte, ob wir nicht lieber im Haus schlafen wollten. Weil wir das Zelt noch nicht eingerichtet hatten, fiel uns die Entscheidung zum Umzug nicht schwer. Also packten wir das Zelt wieder ein und zogen auf die überdachte Terrasse am Haus. Allein durch die Terrassen-Beleuchtung verlängerte sich unser Abend hier gegenüber einer Nacht im Zelt um einige Stunden. Das war sehr angenehm.

Samstag, 27.08.16

Zum Abschied wollte uns die Familie noch Kartoffeln mitgeben. Nachdem wir wegen der langen Kochzeit und dem zu hohen Brennstoffverbrauch dankend abgelehnt hatten, verschwand die Mutter in die Küche und kam kurze Zeit später mit einer Pfanne frischer Bratkartoffel wieder zu uns. Ein traumhaftes Frühstück.

Nach dem Abschied fuhren wir die verbleibenden 40 km auf dieser schrecklichen Straße bis Bischkek. Dort machten wir Pause in einem ruhigen Park. Dann fuhren wir zum Inter-Hostel, wo wir WiFi nutzen konnten. Die Verbindung war recht langsam; dementsprechend lange war unser Aufenthalt dort.

Um 18:00 Uhr trafen wir uns mit Amanda, unserem Warm Showers Kontakt. Und endlich lag unsere Übernachtungs-Stätte einmal nicht im obersten Stock, sondern im Erdgeschoss. Die Räder ließen wir im Garten stehen. Damit war auch absehbar, dass unsere Abreise mit in Kartons verpackten Rädern Richtung Flughafen recht unkompliziert ablaufen würde am 04.09.. Das freute uns natürlich sehr.

Lesetipp: Fahrrad in Flugzeug mitnehmen

Neben uns war noch Mateo aus Italien bei Amanda zu Gast. Er zog seit 4 Monaten mit seiner Gitarre durch die Welt. Wir hatten einen netten Abend zusammen. Aida fragte uns noch, ob wir nicht Lust auf einen Gleitschirmflug hätten. Für morgen waren Amanda und Mateo zum Sprung verabredet. Wir könnten uns noch einklinken. Da zögerten wir nicht lange und sagten zu.

Sonntag, 28.08.16

Nachts gab es dann mehrfach Katzen-Gelaufe über unsere Sachen und unsere Betten. Die Hauskatze kam und ging. Das Fenster war ja offen. Zusätzlich rannten auch öfter 4 weitere, wilde Katzen durch die Wohnung. Das waren wohl die Spielgefährten der Hauskatze. Daran mussten wir uns jetzt wohl gewöhnen, solange wir im Erdgeschoss wohnen.

Unsere erste Aktion hier in Bischkek: alle Lebensmittel aus unseren Packtaschen fischen. Wir wollten das Gepäckgewicht für den bevorstehenden Flug so weit reduzieren wie möglich, um den Aufpreis möglichst kleinzuhalten. Zwischen 5 und 8 $ werden wir zahlen müssen pro kg für alles, was über den erlaubten 20 kg Radbox und den 10 kg Handgepäck liegt.

Nachmittags trafen wir uns mit Amanda und deren Schwestern und fuhren zum Treffpunkt für den geplanten Gleitschirmflug im Süden von Bischkek. Von dort fuhr uns ein Geländewagen über eine wilde Lehmpiste hoch auf den Starthügel. Von hier waren es 200 Höhenmeter Gleitflug zum Schnupperpreis von 1000 Som (13 €). Wir wollten eigentlich den Sprung mit 1000 Höhenmetern (zu 3000 Som = 40 €) erleben, doch dafür war das Wetter zu schlecht heute. Es war Regen gemeldet und der Berg hing weiter oben schon in den Wolken. Insgesamt waren wir 6 Personen, die den Gleitschirmflug erleben wollten. Nach den ersten beiden Sprüngen war plötzlich Flaute. Kein Lüftchen wehte. Der Wind ist notwendig, um den Gleitschirm vor dem Start aufzurichten. Also war Warten angesagt.

Nach einer Stunde kam wieder Wind auf; aber er wehte von Süden den Berg herunter. Zu gefährlich zum Gleitschirmfliegen. Damit war das Programm für heute beendet. Morgen um 10:00 sollten wir wiederkommen. Und dann wäre auch der große Gleitflug über 1000 m möglich.

Montag, 29.08.16

Zweiter Anlauf zum Gleitschirmflug: um 11:00 am Treffpunkt in Bischkek und dann per Geländewagen über abenteuerliche Bergwege hoch auf 1000 m. Der Wind war stark genug und kam aus der richtigen Richtung. Perfekte Bedingungen.

In der zweiten Runde war ich an der Reihe. Annett ließ mir den Vortritt; sie wollte sich den Start zunächst ansehen. Rucksack anziehen, Helm auf, alles festzurren, Karabiner einklinken beim Partner und schon ging es los: Der Partner zog an den Leinen, der Gleitschirm richtete sich auf im Wind, und dann rief mein Partner „run!, run!, run!“ Ich rannte. Besser gesagt, ich wollte rennen. Doch der Wind zog den Schirm nach hinten. Und mein Partner und ich wurden ebenfalls nach hinten gezogen. Nach wenigen Sekunden bewegten wir uns dann doch nach vorne. Also rannten wir … und hoben ab. Die Entfernung zum Boden unter uns wurde immer größer. Ich sackte in meinen Sitz und versuchte, meine Anspannung zu lösen. Wir flogen. Wahnsinn!

Eine halbe Stunde lang schwebten wir durch die Luft. Ich genoss die vorbeiziehende Berglandschaft auf unserem Weg ins Tal. Ab und zu sackten wir ab und mein Partner hatte seine Mühe, den Schirm stabil im Wind zu halten.

Kurz vor der Landung rief mein Partner: Beine nach vorne ausstrecken und schön oben halten. Dann ging alles so schnell wie beim Start: Der Boden kam näher, mein Partner lief mit, bremste ab, dann half ich mit beim Bremsen und zwei Meter weiter blieben wir in dem staubigen Acker liegen. Geschafft. Alle Knochen waren noch heil und ich hatte meinen ersten Gleitschirm-Flug erlebt. Ein Hochgefühl machte sich breit.

Jetzt löste sich auch bei meinem Partner die Spannung. Er war nicht begeistert von den Turbulenzen oben in der Luft. Das war wohl nicht ganz ungefährlich.

Nach einigen Minuten der Freude und Erleichterung wurde der Schirm wieder verpackt und es ging mit dem Geländewagen wieder hoch auf den Berg.

Annett fliegtBei Annett gab es dasselbe Prozedere. Sie hob ab und schwebte 40 min durch die Luft. Ihr Partner erwischte die Thermik und die beiden schraubten sich hoch um einige hundert Meter.

Auch ihre Landung war sanft und sehr kontrolliert. Das war Annetts größte Sorge: Komplikationen bei der Landung. Doch alles lief glatt.

Unser Video auf YouTube:    Annett fliegt

Zum Abschluss spendierten uns die Guides eine Runde Bier.

Als wir Richtung Heimat fuhren, war es 18:00 Uhr. Wir waren also 8 Stunden beschäftigt für eine Stunde Adrenalin-Schub. Doch es war ein unvergessliches Erlebnis zu einem unglaublichen Preis. Wir bereuten keine Sekunde.

Dienstag, 30.08.16

Heute stand die Suche nach Fahrrad-Kartons für den Flug in ein paar Tagen auf dem Plan. Ich hatte eine Liste mit Adressen der Bikeshops in Bischkek und ließ mir diese von einem Taxifahrer auf meiner GPS-Karte zeigen. Dann fuhr ich die Läden ab. Im zweiten Bikeshop versprachen sie mir 2 Kartons. Dann kaufte ich Klebeband und suchte auf einer Baustelle nach Schaumstofffolie zum Abkleben der empfindlichen Fahrrad-Komponenten.

Unterwegs hielten mich drei Männer in zivil an, gaben sich als Polizisten aus und wollten Pass und Geldbörse sehen. Als sie nach dem Geld greifen wollten, protestierte ich und lehnte jede weitere Zusammenarbeit ab. Als die drei sich daraufhin nur noch höflich verabschiedeten, war ich mir sicher: Das waren keine Polizisten, sondern Halunken. Das hätte auch schiefgehen können, dachte ich im Nachhinein.

Als ich wieder daheim war, erfuhren wir von einem Bombenanschlag auf die chinesische Botschaft hier in Bischkek heute Morgen. Die Botschaft sei nun für einige Tage geschlossen. Wie dramatisch wären die Auswirkungen auf eine Visa-Beschaffung für China jetzt wohl im Hinblick auf dieses Ereignis?! Da waren wir froh, dass wir das Visum für unser nächstes Reiseland, Indien, schon in „trockenen Tüchern“ hatten.

Mittwoch, 31.08.16

Wir notierten uns schon einmal all die Dinge, die wir nach unserer Ankunft in Delhi erledigen wollten: Geld in Landeswährung beschaffen, SIM-Karte kaufen, Unterkunft organisieren für einige Tage und die Visa-Beschaffung für Myanmar. Die Visa-Anträge hatte ich schon in Dushanbe ausgedruckt. Jetzt war es an der Zeit, alle geforderten Unterlagen zusammenzustellen: Passkopien, Fotos, den Schriftverkehr zum MTT-Permit, usw. Die Adresse der Botschaft von Myanmar in Delhi hatten wir auch schon.

Lesetipp: Visa & Einreisebestimmungen aller Länder – Übersicht

Mittags fuhr ich zum Bikeshop, um die Fahrrad-Kartons abzuholen, wie vereinbart. Ich bekam die Kartons, bastelte mit Kordel einen Griff und fuhr sie per Fahrrad zu unserem Stützpunkt. Ich war froh, dass der Bikeshop nur 2 km von der Wohnung entfernt war, denn mit 2 großen Fahrradkartons in einer Hand durch Bischkeks Verkehr zu radeln, war ganz schön anstrengend.

Bei genauerer Betrachtung stellte ich zu Hause dann fest, dass die beiden Kartons doch gar nicht so groß waren, wie ich erhofft hatte: da werden wir beide Laufräder, die Pedale, den Lenker, die Sattelstütze, beide Vordergepäckträger und beide Schutzbleche abschrauben müssen. Die Kartonmaße (1390 x 210 x 750 mm) sind heutzutage offensichtlich auf den nackten Rahmen ohne Gabel zugeschnitten. Halt so knapp wie möglich. Viel Stauraum für unser Gepäck wird dann neben dem Fahrrad nicht mehr übrig bleiben in der Box.

Ich beschloss, in weiteren Bikeshops der Stadt nach größeren Fahrrad-Kartons zu suchen. Doch das wurde wieder einmal unerwartet mühsam: drei Bikeshops auf meiner Liste aus der Internet-Recherche gab es nicht mehr und zwei weitere Shops waren heute geschlossen (weil heute „Independence Day“ in Kirgistan gefeiert wird: 25 Jahre Unabhängigkeit). In einem Shop hatte ich Erfolg. Allerdings war deren Karton gerade einmal 3 cm länger und 1 cm breiter. Ich nahm trotzdem einen dieser Kartons mit; schaden kann es ja nicht, dachte ich.

Abends fuhr ich wieder zum Hostel und organisierte mir die PC-Nutzung samt Internet für die Arbeit an unserem Blog. Ich wollte den Artikel über Tadschikistan erstellen. Ein erster Test am PC ergab nur Fehlermeldungen und die Dame an der Rezeption konnte mir nicht helfen. Dann lief uns zufällig die Chefin des Hostels über den Weg und erklärte mir, dass es mit der Internetnutzung heute ein Problem gäbe und ein Service-Techniker für morgen bestellt sei, um das Problem zu beheben. Das würde ja passen, dachte ich und plante für die kommende Nacht meine Blog-Bearbeitung im Hostel ein.

Donnerstag, 01.09.16

Nur noch drei Tage bis zum Flug. Wir hatten uns noch nichts von der Stadt angesehen und brauchen bestimmt einen kompletten Tag für das Zerlegen und Verpacken der Räder in die Kartons. Dabei waren wir jetzt schon 4 Tage in Bischkek. Wir hatten noch nicht viel geschafft bisher und die Zeit verging wie im Flug.

Aber wir waren glücklich, für unseren Aufenthalt diese Wohnung nutzen zu dürfen; wenn auch alles sehr basic war:

Der Wasserkessel war in jeder Hinsicht unbrauchbar und gefährlich: Der Griff erhitzte sich so stark, dass man sich verbrannte, der Deckel fiel beim Eingießen herunter und das Wasser spritzte beim Ausgießen in Intervallen in alle Richtungen. Das Rost über der Gasflamme war so schief, dass das Essen auf einer Seite im Topf immer anbrannte, die Duschbrause funktionierte nicht, dafür kam kochend heißes Wasser aus der Leitung. Der Haupthahn für das Kaltwasser blieb stets geschlossen, weil das Ventil im Zapfhahn völlig undicht war. Die WC-Spülung funktionierte nicht, man nutzte einen Eimer und zapfte separat Wasser. Das Toilettenpapier bestand aus rauem Altpapier-Krepp. Die Fenster ließen sich nicht schließen. Im Kühlschrank funktionierte nur das Tiefkühlfach mit gerade mal 7 °C. In der Diele war der Holzboden völlig ramponiert, in den anderen Zimmern klebte der Bodenbelag. Die vielen Ameisen, Motten und Fliegen hatte es nicht gestört. Und uns irgendwann auch nicht mehr.

Spätabends ging ich dann ins Hostel, lud die Video-Clips der letzten Wochen auf unseren Youtube-Kanal hoch und erstellte den Tadschikistsn-Artikel.

Freitag, 02.09.16

Ich arbeitete die Nacht durch bis morgens um 10:00 Uhr. Dann fielen mir die Augen zu. Ich verschob die restlichen Arbeiten am Blog auf später und fuhr heim. Nach einer kurzen Schlafpause begannen wir mit den Vorbereitungen für den Flug: Den Inhalt unserer Packtaschen in viele kleine Tüten packen und alles Entbehrliche ausrangierten.

Am späten Nachmittag fuhren wir die sehenswerten Plätze der Stadt ab: den Boulevards, den Square, die Philharmonie, den Bischkek-Park und einige sehenswerte Gebäude entlang der großen Straßen. Zum Abschluss des Tages gingen wir essen.

Ich fuhr danach wieder ins Hostel, um die restlichen Arbeiten am Blog zu erledigen. Diesmal war ich um 3:00 Uhr fertig.

Samstag, 03.09.16

Ich schlief natürlich heute etwas länger als sonst. Die nächtlichen Arbeiten am Blog forderten ihren Tribut. Und nach dem Frühstück begann direkt die heiße Phase der Flug-Vorbereitungen: das Zerlegen der Räder. Bis 1:00 Uhr nachts muss alles fertig sein. Dann fährt uns ein schon bestelltes Großraumtaxi zum Flughafen. Wir hatten viel Reservezeit eingeplant für die Abwicklung am Flughafen. Man weiß ja nie! Und um 5:00 Uhr hebt unser Flieger nach Indien ab.

Ich begann bei Annetts Fahrrad und schraubte die Pedale ab. Beim linken Pedal vermurkste ich mir den Konusschlüssel, so fest saß das Pedal in der Kurbel (ich wusste wohl, dass das linke Pedal stets Linksgewinde hat, daran lag es also nicht). Nach mehreren vergeblichen Versuchen war das Werkzeug ausgeleiert und unbrauchbar geworden. Also fuhr ich mit Annetts Fahrrad zum Bikeshop und organisierte mir leihweise stabiles Werkzeug. Damit klappte es dann reibungslos.

Danach zerlegte ich Annetts Rad und deponierte alles im Karton. Dann stopften wir das Gepäck in alle noch verfügbaren Zwischenräume. Irgendwann machte der Karton dann dicke Backen. Und schwerer als die erlaubten 20 kg war die Box auch schon.

Flug-VorbereitungIch fuhr noch zur Wechselstube, um unser Restgeld in Dollar umzutauschen und danach begann ich mit dem Zerlegen meines Rades. Auch bei mir war eine Pedal-Verschraubung derart festgegammelt, dass mein demolierter Konusschlüssel versagte. Leider war der Bikeshop schon geschlossen. Leihwerkzeug fiel also aus. Ich versuchte, die Verschraubung mit unserem Teflon-Kettenöl anzulösen. Nach einer Stunde hatte ich endlich Erfolg: Das Pedal ließ sich abschrauben.

Bis wir alles in den beiden Kartons verstaut hatten, war es 0:30 Uhr. Um 1:00 kam das Taxi und fuhr uns zum Flughafen. Das war ganz schön knapp. Dafür fuhr uns der Taxifahrer direkt zum richtigen Terminal und organisierte uns einen Trolly für die schweren Kartons.

An der Gepäck-Aufnahme gab es dann den befürchten Stress: Unsere Fahrradkartons wogen zusammen 82 kg. Damit hatten wir 42 kg zu viel in den Kartons. Und dafür wollten sie am Schalter 110 $ Zuschlag kassieren. Ich handelte auf 90 $ herunter und zahlte.

Dann erfolgte die Körper-Kontrolle und das Handgepäck wurde gescannt. In unserem Rucksack hatten sie das Fahrradwerkzeug identifiziert. Das sollte ich bitte auch noch als Gepäckstück für den Laderaum aufgeben. Ich rannte zurück, musste den Reisepass abgeben, suchte unsere Fahrradkartons und konnte das Werkzeug gerade noch durch ein Griffloch in meinem Karton deponieren. Die Crew vom Laderaum stand schon bei den Kartons und wartete, bis ich fertig war. Da hatte ich Glück: Eine Minute später wären die Jungs mit den Kartons im Aufzug verschwunden und ich hätte die Werkzeugtasche als separates Gepäckstück aufgeben müssen.

Lesetipp: Fahrrad Werkzeug auf Radreisen

Wir warten in der Lounge, bis unser Flug aufgerufen wurde. Überraschend wenige Passagiere hatte unser Flug: nicht einmal 20 % der Sitze im Flieger waren belegt. Da haben wir genug Platz zum Schlafen, so dachten wir. Doch die Sitze waren so unbequem, dass wir nicht wirklich gut schlafen konnten.

Sonntag, 04.09.16

Nach drei Stunden Flug erreichten wir New Delhi um 8:30 Uhr.

Weiter geht es im Artikel  Indien 2016

Resümee Kirgistan

Insgesamt waren wir drei Wochen in Kirgistan unterwegs und sind dabei 470 km geradelt. Dreimal nahmen uns LKWs mit; das ersparte uns anstrengende Passagen und Pässe.

Gute Straßen, viele Höhenmeter, freundliche Menschen, unglaubliche Gastfreundlichkeit, die Jurten der Nomaden in den Bergen, traumhafte Gebirgslandschaft, aber auch bettelnde Kinder und gefährlicher Verkehr: das war Kirgistan. Ein ungeplantes Highlight war unser Gleitschirmflug in Bischkek.

 

Lesetipps:

Der Pamir-Highway in Tadschikistan

Reiseinfos Zentralasien

 

 

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