Wir sind in 2016 zwei Monate lang mit unseren Reiserädern durch den Iran gefahren und haben die Menschen im Iran kennengelernt. Wir erlebten Offenheit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft wie in keinem anderen Reiseland.
Doch wie oft hatten wir vor Beginn unserer Reise verstörte Blicke geerntet: „Ihr wollt wirklich durch den Iran radeln? Ist das nicht gefährlich?“
Es ist nicht gefährlich. Im Gegenteil. Auch, wenn man auf Basis der einseitigen Berichterstattung über den Iran in den Medien gerne etwas anderes glauben möchte. Die Diskrepanz zwischen Image und Realität könnte nicht größer sein. Grund genug, die Menschen im Iran hier einmal näher zu beschreiben.
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Die Religion
Seit der Absetzung des Schah im Jahre 1979 herrscht ein sehr strenges islamisches Regime im Iran. Frauen dürfen nicht unverhüllt in der Öffentlichkeit auftreten, für Männer sind kurze Hosen tabu, Alkohol ist im ganzen Land verboten, Frauen verhalten sich stets sehr zurückhaltend. Das Internet wird zensiert, einige soziale Netzwerke sind gesperrt.
All diese Regeln gelten natürlich auch für Touristen. Das schränkt den eigenen Bewegungsspielraum etwas ein, ist aber erträglich.
Die islamische Religion durchdringt sehr intensiv das gesamte Leben im Iran. Der Arbeitsalltag steht im Einklang mit den täglichen 5 Gebetszeiten, es gibt überall Gebetsräume. Das religiöse Leben wirkt sehr streng, manchmal sogar etwas düster.
Die Bevölkerung dagegen ist sehr aufgeschlossen, freundlich und in religiöser Hinsicht durchaus tolerant einer anderen Konfession gegenüber. Wir hatten nie den Eindruck, dass man uns zum Islam bekehren wollte.
Begegnet man bei der Besichtigung einer Moschee dem Imam, kann es durchaus passieren, dass man eine ganz persönliche Führung durch die heiligen Gebäude erfährt.
Gastfreundlichkeit
Die Gastfreundlichkeit der Menschen im Iran ist unschlagbar. Man wird als Reiseradler sehr oft angesprochen, herzlich willkommen geheißen, bekommt kleine Dinge geschenkt, wenn man auf dem Markt etwas kaufen möchte oder wird sogar eingeladen auf einen Kaffee, ein Dinner im Kreis der Familie oder sogar eine Übernachtung in deren Wohnung. Viele Autofahrer hielten auf der Straße spontan an und gaben uns ihre Telefonnummer für den Fall, dass wir auf unserer Reise Hilfe bräuchten.
Herleiten lässt sich diese Hilfsbereitschaft aus dem Islam. So gehört es zu den großen Pflichten eines Muslim, einem Reisenden in jeder Hinsicht Hilfe und Gastfreundlichkeit zukommen zu lassen.
Bei Einladungen muss man sich allerdings stets an die Regel halten, zunächst dankend abzulehnen. Erst wenn ein Angebot dann zum dritten Mal wiederholt wird, ist es tatsächlich ernst gemeint.
Der Wunsch nach mehr Freiheit
Die Menschen im Iran wünschen sich mehr Freiheit, das kann man spüren und das kann man sehen. Hinter der Wohnungstür enthüllen viele Frauen ihr Haar, es werden Partys gefeiert und man bekommt sogar Alkohol angeboten (ist allerdings riskant, man darf sich nicht von der Polizei erwischen lassen). Man sieht Frauen, die Fahrrad fahren (es war den Frauen lange Zeit offiziell untersagt) und manche Frau zeigt in der Öffentlichkeit bewusst ein wenig vom Haarschopf.
Den Drang der Menschen im Iran nach Freiheit und mehr Öffnung kam Anfang 2018 auch schon in Form von Demonstrationen zum Ausdruck. Sogar der iranische Präsident Rohani hatte daraufhin die religiöse Führung des Landes aufgefordert, sich stärker der modernen Welt zu öffnen.
Die Aufsicht
Um jede Nachgiebigkeit im Keim zu ersticken, gibt es eine starke Durchdringung des öffentlichen Lebens durch polizeiliche Organe. Man muss sich als Ausländer sehr oft ausweisen. Es sind auch überall Aufsichtsbeamte in Zivil unter der Bevölkerung. Das ist nicht gefährlich oder bedrohlich, sondern dient der Sicherheit des Landes. So sieht es auch die Bevölkerung. Denn der Iran ist leider von einigen Staaten umgeben, von denen ein potenzielles Risiko ausgeht.
Der Lebensstandard
Der Iran ist ein modernes, weit entwickeltes Land. Es gibt saubere sanitäre Anlegen, die Häuser und Wohnungen sind oft nach westlichem Stil eingerichtet, aber man findet auch alte persische Tradition: in einem großen Wohnzimmer (nennen wir es mal so) ohne Möbel sitzt man zum Essen und zur Unterhaltung auf dem Teppichboden. Auf diesem Teppichboden wird dann auch geschlafen. Beides wird man erleben, wenn man im Land unterwegs ist.
Die historische Herkunft der Iraner
Das ist ein heikles Thema. Die Iraner stammen genauso wie die Italiener und die Deutschen von den Ariern ab. Und damit ist für einen Iraner überhaupt nicht schlimm, dass in Deutschland im letzten Jahrhundert, aus Rassismus und arischem Bewusstsein heraus motiviert, ein fürchterliches Verbrechen an nichtarischen Menschen begangen wurde. Auch die politische Schlüsselfigur dieses Verbrechens wird von einigen dort sehr verehrt und ist neben Angela Merkel und einigen deutschen Fußballstars die bekannteste Persönlichkeit aus Deutschland. Da muss man im Rahmen mancher Unterhaltung aktiv gegensteuern und taktvoll das Bild gerade rücken.
Der Terrorismus
Die Iraner sind sehr bedrückt über das durchweg negative Image, das sie in der Welt haben. Bedingt durch den islamisch motivierten Terror und die Konflikte auf politischer Ebene mit anderen Ländern der Weltgemeinschaft ist die Berichterstattung in den Medien sehr einseitig und suggeriert einem Außenstehenden zwangsläufig ein, dass der Iran und seine Bevölkerung sehr gefährlich seien.
Fazit über die Menschen im Iran
Eine Radreise durch den Iran ist ein spannendes Erlebnis. Neben der enorm großen Anzahl an großartigen Bauwerken aus Perserzeit und islamischer Religion und einer atemberaubenden Landschaft sind es eben vor allem die Menschen im Iran, die immer wieder für Überraschungen und unvergessliche Erfahrungen sorgen. Dabei wirkt natürlich das motorlose Fortbewegungsmittel „Fahrrad“ als Kontaktbeschleuniger.
Und dabei gerät man nie in gefährliche Situationen: weder die Menschen im Iran sind gefährlich, noch der Islam oder die Vertreter der staatlichen Exekutive. Wenn man sich ohne Vorurteile in diese Kultur fallen lässt, wird man mit den schönsten Erlebnissen belohnt. Wir haben keinen Tag unseres Aufenthaltes in diesem Land bereut.
Doch! Auf den letzten Tag im Iran hätten wir doch gerne verzichtet. Das war ein nicht durch uns verschuldeter Overstay, der uns 32 US-$ und 4,5 Stunden Spießrutenlauf in der Grenzstation gekostet hat. Nachzulesen in unserem Reisebericht über den Iran.
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