Am 30.10.2016 sind wir per Fahrrad, von Nepal kommend, erneut nach Indien eingereist: Indien Nordost stand auf dem Plan. Unser Double-Entry-Indien-Visum war ja noch gültig bis zum 19.11.16.
Somit hatten wir 3 Wochen Zeit und wollten uns nun die Städte Varanasi, Patna und Gaya ansehen und am 19.11. per Flugzeug von Kolkata nach Bangkok in Thailand fliegen.
Unsere ursprüngliche Planung, von Indien über Myanmar nach Thailand zu radeln, hatten wir verworfen, weil uns die MTT-Permits mit in Summe 350 US-Dollar zu teuer waren (2014 gab es das Permit noch für 50 Dollar, in 2015 war es für 80 Dollar zu haben) und eine Ausreise Richtung Thailand nicht erlaubt wäre.
Unsere Tipps für Radreisen in Indien.
Unser Reisebericht über Indien Nordost:
* Dieser Beitrag enthält Werbelinks.
Unsere Route durch Indien Nordost auf OpenStreetMap
Sonntag, 30.10.16
Nach einer kurzen und einfachen Grenzabwicklung waren wir um 10 Uhr in Indien. Die Straße war sehr schlecht und vor allem staubig. Auf unserem Weg Richtung Varanasi versuchten wir immer wieder zu trampen, doch es war äußerst schwierig, den Truck-Fahrern zu erklären, wo wir hin wollten. Die Straßenführung von der indisch-nepalesischen Grenze Richtung Varanasi war sehr kompliziert und enthielt viele Abzweigungen. Lediglich 10 km ließen wir uns mitnehmen auf dieser Strecke.
Viel schneller als per Fahrrad war der Lkw allerdings nicht. Die vielen Schlaglöcher machten eine zügige Fahrt unmöglich. Und ich hatte meine liebe Mühe, mich auf der Ladefläche vor den harten Aufschlägen zu schützen. Zum Stehen fehlten Griffe an den glatten Blechwänden und Sitzen bedeutete „Abheben“ bei jedem Krater.
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In der Abenddämmerung suchten wir vergeblich nach einem Tempel, wo wir nach einem Schlafplatz hätten fragen können. Da suchten wir bei privat einen Zeltplatz und durften uns in einen Unterstand legen. Abends gab es dann viel Feuerwerk zum Dipawali-Festival. Diesmal wurde der Gott Lord Rama gefeiert. Und die Intensität der Knallerei erinnerte stark an eine Silvester-Nacht. Allerdings dauerte das Feuerwerk mehrere Stunden. Wir lagen schon im Schlafsack, als uns noch ein Kracher um die Ohren flog. Glücklicherweise traf er nicht unsere Sachen.
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Montag, 31.10.16
Die Schlafsäcke waren nass; es ist halt Herbst. Und die Sonne war in den Morgenstunden leider, wie schon seit Tagen, hinter einem Dunstschleier und schaffte keine Wärme. Also verpackten wir alles nass.
Wir verabschiedeten uns und fuhren weiter auf dieser fürchterlichen Straße. Immer wieder unterbrachen große Krater mit bis zu 10 Meter Durchmesser und mit bis zu 0,7 m Tiefe die ansonsten glatte Asphaltdecke. Als wir endlich auf der Hauptstraße Richtung Chhapra unterwegs waren, klappte auch das Trampen wieder: Die letzten 60 km bis Chhapra nahm uns ein Lkw mit. Und der hatte ebenso mit dieser fürchterlichen Kraterpiste zu kämpfen, wie wir: Alle 300 m musste der Fahrer bis zum Stillstand abbremsen und dann in Schrittgeschwindigkeit durch die Krater fahren.
Unser Video auf YouTube:
Film-Clip zum Straßen-Restaurant: Clip
Wir erreichten Chhapra in der Dunkelheit (17:30 ist es schon stockfinster zur Zeit). Wir fragten uns durch bis zum Gurudwara, doch dort wollte man uns keine Übernachtung erlauben. Dann suchten wir einen Tempel. Keiner kannte den Weg, keiner sprach Englisch. Die Verständigung war sehr schwierig.
Dann hielt ein Motorrad mit 3 Jungs neben uns. Sie fragten, ob sie helfen könnten. Ich sagte ja und erklärte, was wir wollten. Und dann entwickelte sich in Windeseile eine Hilfsaktion mit insgesamt 13 Personen und 3 Motorrädern. Die Jungs telefonierten alle ihre Kontakte durch und nach einer halben Stunde stand fest, dass wir im Hotel eines Freundes übernachten würden. Einer aus der Truppe hatte zwischenzeitlich Kekse und Wasser für uns organisiert. Wir sahen wohl hungrig aus. Man führte uns in einer Eskorte zum Hotel und wir bekamen ein Zimmer gratis, als Ehrengäste. Lediglich Passkopien und die Vorstellung bei der örtlichen Polizei waren erforderlich. Danach gab es noch die obligatorische Selfie-Orgie und dann verabschiedeten sich alle und wir hatten unsere Ruhe.
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Dienstag, 01.11.16
Nach einer Runde Tee zum Abschied fuhren wir ins Zentrum. Wir wollten unsere restlichen nepalesischen Rupien umtauschen. Es gibt nur eine Wechselstube hier und die liegt sehr versteckt. Also suchten wir erst einmal jemanden, der uns zu dieser Wechselstube führen konnte. Und das ging über drei Ecken: Ein Anwohner kannte jemanden, der jemanden kannte, der die Wechselstube kannte. Wir sollten warten, bis der Betreffende mit dem Motorrad erschien. Dann lotste dieser uns zum gewünschten Gebäude. Dort akzeptierte man aber keine Nepal-Rupien. Wir sollten es in Varanasi probieren. Das war etwas frustrierend. Schade um die verlorenen 2 Stunden.
Wir verließen gerade die Wechselstube, da lud uns ein Anwohner von gegenüber spontan zum Frühstück ein. Und aus diesem Frühstück wurde ein drei-stündiger Aufenthalt. Wir lernten die gesamte Familie kennen, durften PC und WiFi nutzen, schauten gemeinsam Fotos und Filme von unserer Radreise und hatten jetzt 3 WhatsApp-Kontakte mehr. Eine nette Begegnung.
Nach Mittag verließen wir Chhapra Richtung Varanasi. Besonders schnell kamen wir nicht voran, das ließ die Straße nicht zu. Wir versuchten zu trampen, doch offensichtlich war unsere Straße eine Nebenstrecke. Nur äußerst selten kam ein Lkw vorbei. Am Nachmittag hatten wir dann doch Glück: Ein leerer Lkw nahm uns mit. Zufällig fuhr er bis Varanasi, unserem Zielort.
Wir rechneten mit einer Ankunft am frühen Abend, hatten dabei jedoch die bremsende Wirkung der endlos schlechten Piste völlig unterschätzt. Und weil diese Fahrt ein abendfüllendes Programm wurde, legten unsere beiden Fahrer natürlich eine ausgedehnte Pause ein: Sie setzten sich auf die Ladefläche ihres Lkw und kochten auf der Gasflamme in aller Ruhe ein vollständiges Menü mit Reis und Beilagen. Dann luden sie uns zum Essen ein. Nach 2 Stunden Pause fuhren wir weiter.
Wir erreichten Varanasi nachts um 3 Uhr, verabschiedeten uns von unseren Fahrern und suchten uns in der Nähe einen Unterstand für unsere Schlafmatten. Wir dachten, wenigstens um 3 Uhr nachts hätten wir Ruhe und sind ungestört. Doch es dauerte keine 5 min, da waren 3 Anwohner aus dem Nebengebäude zugegen und stellten Fragen. Und sie blieben länger in unserer Schlafecke stehen, als uns lieb war. Aber wir waren ja schon froh, dass wir nicht fortgeschickt wurden.
Mittwoch, 02.11.16
Es war eine ruhige Nacht. Und frühmorgens brachte uns einer der drei Anwohner indischen Tee. Wie nett.
Wir fuhren ins Zentrum und suchten zunächst eine Wechselstube, denn wir mussten ja noch unsere nepalesischen Rupien umtauschen. Es dauerte wieder ganze 2 Stunden, bis uns jemand den Weg zu einer Wechselstube zeigen konnte. In der ersten akzeptierten sie keine nepalesischen Rupien, in der zweiten klappte es dann; wenn auch zu einem schlechten Kurs.
Genauso schwierig war die Suche nach einem Ortskundigen, der uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt auf unserer Karte zeigen konnte. Nur wenige sprechen Englisch und wenn sie dann den Weg erklärten, verstanden wir kaum etwas wegen des Dialekts. Darüber hinaus haben die allermeisten Schwierigkeiten, sich auf einer elektronischen Karte zu orientieren. Sie zeigen lieber per Hand die grobe Fahrtrichtung. Entfernungen werden dabei übrigens immer in Minuten angegeben.
Aber die Ghats am heiligen Fluss Ganges hatten wir schnell gefunden. Wenn die Dichte an lästigen Hotelanbietern auf der Straße zunimmt, sind die Ghats nicht mehr weit entfernt. Sie sind die größte Sehenswürdigkeit in der Stadt. Wenn um 18:30 Uhr das Aarti stattfindet, dann pulsiert hier das Leben. Tausende tummeln sich dann auf den Treppen zu Waschungen, Gebeten und zur Meditation. Und die Götter der Hindus werden mit Feuer verehrt.
Den Goldenen Tempel in der Nähe der Ghats konnten wir leider nicht besichtigen; der ist nur den Hindus zugänglich.
Während Annett auf Besichtigungstour war und ich an meinem Fahrrad die Bremsbeläge wechselte, wurde dann unser Tacho von Annetts Fahrrad gestohlen. Keine drei Meter von mir entfernt! Das war bitter. Unsere Aufregung darüber blieb natürlich den vielen Neugierigen um uns herum nicht verborgen. Man wollte uns helfen und Ratschläge geben. Und dann kam noch die Polizei hinzu. Viel Palaver, aber völlig ergebnislos. Wir hatten den Tacho schnell abgeschrieben. Einer der vielen Kids, die immer alles angrabschten an unseren Fahrrädern, hatte ihn wohl mitgehen lassen.
Nach einer halben Stunde kam die Polizei wieder und brachte uns den Tacho zurück. Wir waren baff. Damit hatten wir gar nicht mehr gerechnet. Und es blieb uns ein Rätsel, wie sie das bewerkstelligt hatten. Wir freuten uns auf jeden Fall, denn einen adäquaten Ersatz hätten wir hier in Indien nicht kaufen können.
Der Verkehr in Varanasi ist eine einzige Katastrophe. Es gibt keine Regeln. Stattdessen nur Chaos und lautes Gehupe, in jeder Straße. Das Kollisionsrisiko ist extrem hoch. Direkt vor uns ereigneten sich dann auch 2 Unfälle. Und wir wurden gleich mehrere Male angerempelt von Motorradfahrern oder den vielen Dreirad-Taxis.
Abends fragten wir vergeblich in den beiden Gurudwaras nach einem Schlafplatz, doch in einem kleinen Hindu-Tempel im Süden der Stadt wurden wir herzlich aufgenommen. Allerdings gab es keine Möglichkeit, das Mückennetz aufzuspannen. Da hofften wir auf eine Mücken-freie Nacht.
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Donnerstag, 03.11.16
Wir hatten natürlich keine Mücken-freie Nacht. Im Gegenteil. Selten haben sie uns so zugesetzt wie vergangene Nacht.
Wir besichtigten noch den Monkey-Tempel, den Tempel der drei Götter und den Kashi-Vishwanath-Tempel. Dann verließen wir Varanasi.
Auf dem Weg nach Patna wollten wir noch einen Abstecher nach Zamania machen und uns den Parashuram Tempel und den Maheshwanath Tempel ansehen. Beides sind sehr alte Tempelanlagen.
Dabei führte unser Weg durch das kleine Dorf Amara. Und dort gab es dann ein ungeahntes Highlight: gleich 3 Tempel (gewidmet den Göttern Lord Shiva, Lord Rama und Lord Hanuman) und ein kleiner See mit Ghats befanden sich in einer kleinen, unscheinbaren Seitenstraße. Wir genossen bei der Besichtigung noch eine private Führung durch die Anwohner, die sich im Gegenzug sehr für unsere Reise interessierten.
Die letzten km bis Zamania konnten wir trampen. Und dabei fuhren wir wieder in die Dunkelheit.
In Zamania angekommen, fragten wir uns durch bis zum Tempel und man organisierte für uns einen Schlafplatz im Raum des Pujari. Und mit jeder Minute wuchs die Zahl der Schaulustigen. Immer wieder schickte der Pujari ganze Scharen fort. Lediglich die 10 Personen, die uns geholfen hatten bis hierher, durften bleiben und begleiteten uns durch den Abend: Es gab Tee und Gebäck sowie ein Dinner für uns aus der Tempelküche. Das Interesse an unserer Reise und unseren Fotos und Video-Clips war sehr groß. Ab 22 Uhr war dann Ruhe.
Freitag, 04.11.16
Für mich war die Nacht fürchterlich: irgendetwas hatte mir den Magen verdorben und damit beschäftigte mich die gesamte Nacht über mal wieder ein Brech-Durchfall.
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Nach der Verabschiedung besichtigten wir den Parashuram Tempel. Er ist einer der ältesten Tempel im Land und gleichzeitig der einzige, der dem Gott Lord Parashuram gewidmet ist. Das macht ihn außergewöhnlich, wenn auch seine Erscheinung eher völlig unauffällig ist.
Auf die Besichtigung des Maheshwanath Tempels verzichteten wir. Das hätte für uns 22 km Umweg auf mieser Piste bedeutet. Das war uns dann doch zu viel Aufwand. Am 16.11. wollten wir schließlich Kolkata erreichen. Da blieb uns nicht mehr viel Zeit.
Dann ging es weiter auf dieser fürchterlichen Straße Richtung Patna. Es war ein einziges Trümmerfeld mit riesigen Schotter-Kratern in der brüchigen Asphalt-Decke.
Wir trampten wieder ein Stück unseres Weges, um Zeit zu gewinnen. Es fand sich auch irgendwann ein Lkw, der uns mitnehmen wollte. Doch vor der Abfahrt wollte ein Passant noch ganz schnell ein Interview mit uns für die Zeitung arrangieren. Der Reporter traf ein, führte das Interview mit uns durch und wollte am Ende noch Fotos machen von uns und den bepackten Rädern. Die Räder und unsere Packtaschen lagen jedoch schon auf dem Lkw und waren mit viel Sorgfalt so abgelegt, dass sie die Fahrt beschädigungsfrei überstehen würden. Ein erneuter Aufbau vor der Lkw-Fahrt nur für ein Foto kam überhaupt nicht infrage.
Es dauerte fast 20 Minuten, bis sich der Redakteur umstimmen ließ und Fotos auf der Ladefläche des Lkws akzeptierte. Danach konnte der Lkw-Fahrer endlich abfahren. Er hatte sein Okay zum Interview gegeben, aber es dauerte ihm am Ende auch schon zu lange.
Der Lkw schlich im ersten Gang seinen Weg über die Buckelpiste. Nach 3 km gab es auch noch einen Stau: Ein Truck hatte einen Reifenschaden und blockierte die gesamte Straße in beide Richtungen. Bis die Reparatur abgeschlossen war, staute sich der gesamte Verkehr. Aber ein vorzeitiges Verlassen des Lkws hätte uns mehr Zeit gekostet, als im Lkw die Weiterfahrt abzuwarten.
An der Gabelung Richtung Buxar verließen wir den Lkw, aßen uns durch die Streetfood-Meile und fragten bei dieser Gelegenheit einen Jugendlichen nach einem Tempel hier im Dorf (es war ja schon wieder dunkel geworden über die Lkw-Fahrt). Zufällig kannte er den Weg und führte uns zum Tempel. Vom Tempel aus ging es zum Haus des Pujari und nach einer halben Stunde war dann der Schlafplatz für die Nacht klar.
Nach und nach versammelten sich wieder bis zu 30 Personen aus dem Dorf am Haus des Pujari. Es sprach sich schnell herum, dass zwei Deutsche sich im Tempel befanden. Da wollte keiner fehlen. Die einen verfolgten nur passiv unsere Anwesenheit, die anderen suchten das Gespräch mit uns. Und sie stellten, wie üblich, immer die gleichen Fragen. Das war auf Dauer etwas nervig, weil sie alle nacheinander kamen.
Wir wurden betreut, wie in einer Intensivstation: ständig fragte jemand nach unserem Befinden und auf jedem unserer Wege begleiteten sie uns mit der Taschenlampe. Wir konnten sogar WiFi nutzen. Aber nur theoretisch. Denn man ließ uns praktisch gar nicht die Zeit dazu. Über den gesamten Abend wurden unzählige Fotos geschossen. Es gab zeitweise ein Blitzlichtgewitter, wie man es bei Prominenten oft sieht. Wir waren „das“ Ereignis im Dorf. Uns war das gar nicht recht. Es nahm uns zeitweise die Luft zum Atmen.
Der Höhepunkt war dann ein Reporter der Lokalpresse, der unbedingt ein Interview mit uns haben wollte. Er sprach nur Hindi, somit war die Verständigung schwierig. Er gab mir Zettel und Stift und ich sollte die wesentlichen Eckpunkte unserer Reise aufschreiben. Auch diese Interviews haben sich mittlerweile zu einem nervigen Thema entwickelt.
Aber wir hatten einen sicheren Schlafplatz auf einer dieser Sitzemporen. Es gab sogar ein vorinstalliertes Mückennetz. Und es wurde dann doch noch eine ruhige Nacht.
Samstag, 05.11.16
In der Nacht hatte es auch Annett wieder erwischt: Durchfall und Magenkrämpfe. Als wir aufstanden, wartete schon eine ähnlich große Begleitung wie gestern Abend auf uns. Man lud uns ein auf einen Spaziergang zum nahe gelegenen Ganges-Ufer, zeigte uns den heiligen Baum und zwei Tempel.
Dann wurden wir eingeladen, noch die nächsten beiden Tage zu bleiben und das Chhat-Puja-Festival mitzuerleben. Es ist das bedeutendste Festival hier im indischen Staate Bihar. Wir lehnten dankend ab, weil wir rechtzeitig Kolkata erreichen wollten.
Dann erfuhren wir, dass über die gesamte Zeit des Festivals (48 Stunden) gefastet wird und die Gläubigen 24 Stunden lang im Wasser des Ganges stehen und für die Sonne beten würden. Da waren wir froh, dass wir nicht zugesagt hatten.
Aber einen Besuch des Nachbardorfs konnten wir nicht ablehnen. Das wünschte sich der junge Inder, der uns den Tempel gezeigt hatte gestern. Seine Familie wohnte dort.
Wir bekamen zum Abschied vom Pujari Blumenkränze umgehängt und dann liefen wir, unsere bepackten Räder schiebend, in einem Pulk von 20 Personen ins Nachbardorf. Es sah aus, wie eine Prozession. Dementsprechend erregten wir auf der Straße auch Aufsehen. Im Haus des jungen Inders angekommen, stellte man uns die gesamte Familie vor. Es war eine große Ehre für sie alle, dass wir das Haus betraten.
Um 11 Uhr verabschiedeten wir uns und fuhren weiter Richtung Patna. In Buxar wurde ich dann an einer Kreuzung von einem Dreirad-Taxi derart heftig angerempelt, dass es mir die hintere Packtasche mehrere Zentimeter einriss. Bemerkt hatte ich den Schaden erst in der nächsten Pause, eine Stunde später. Da war der Verursacher natürlich schon über alle Berge. Wie auch immer: flicken musste ich die Tasche sowieso selber.
Die Straße wurde deutlich besser ab Buxar. Da machte das Radeln wieder Spaß. In Arrah holte uns unser Couchsurfing-Kontakt, Vikas, ab und lotste uns per Motorrad zu sich nach Hause. Seine Familie war überschaubar groß und somit war ein ruhigerer Abend garantiert im Vergleich zu den letzten Tagen. Das tat uns so gut, dass wir direkt sein Angebot annahmen, eine zweite Nacht zu bleiben.
Die abendliche Ruhe nutzte ich auch gleich, um den Schaden an meiner Packtasche zu flicken. Mit Gummilösung und Schlauchflicken klebte ich von beiden Seiten den Riss zu.
Es schien mir nicht das geeignete Reparatur-Material zu sein, aber ich wollte es trotzdem versuchen. Mal sehen, wie lange das hält.
Sonntag, 06.11.16
Nach dem Frühstück fuhr Vikas mit uns in die Stadt und zeigte uns den Mahavid Tempel der Jain-Community sowie einige historische Bauwerke, wie zum Beispiel den Eingang zu einem 60 km langen unterirdischen Kanal, der seinerzeit als Weg für Ross und Reiter diente.
Ich hatte den ganzen Tag über noch Magenkrämpfe. Annett fühlte sich dagegen wieder besser. Aber wir waren beide froh, heute einen Pausentag zu haben.
In den Abendstunden fuhr die Familie dann mit uns zu den Ufern eines Orts-nahen Gewässers, an dessen Ufer das Chhat-Puja-Festival in vollem Gange war: betende und feiernde Hindus saßen in Scharen auf der Wiese am Ufer, hatten Kerzen und Räucherstäbchen angezündet und Opfergaben vor sich ausgebreitet, der Tempel war in schillernden Farben beleuchtet, Musik dröhnte aus den Boxen. Und die Locals erkannten uns als Nicht-Inder natürlich sofort und wollten wieder pausenlos Selfies mit uns machen. Ein unvergesslicher Abend.
Unsere Videos auf YouTube:
Film-Clips zum Festival: Clip1 Clip2 Clip3
Zum krönenden Abschluss des Tages wurden wir von Vikas’s Frau für ein exklusives Foto-Shooting mit indischer Garderobe ausgestattet: Annett im Sari (fünf Meter langes Tuch) und ich im Kurta-Pajama-Set. Da die obligatorischen Armreifen (Bengals) zu klein waren, wurden Annetts Hände einfach mit Öl eingeschmiert und die Armringe mit Gewalt übergestreift. “Hoffentlich bekomme ich die je wieder ab“, dachte Annett bei sich in diesem Moment.
Montag, 07.11.16
Nach einem herzlichen Abschied fuhren wir weiter Richtung Patna. Bis wir Arrah verlassen hatten, hielten unzählige Motorradfahrer neben uns und wollten alles über unsere Reise wissen. Einer von ihnen lud uns spontan in sein Haus ein. Wir lehnten aber dankend ab, weil wir die kühlen Morgenstunden gerne zum Radeln nutzen wollten. Er blieb zwar sehr hartnäckig mit seiner Einladung, doch irgendwann fuhr er dann doch weiter
… und stand 2 km weiter, auf uns wartend, am Straßenrand. Dort überreichte er uns eine Tüte mit Obst und süßem Gebäck vom Chhat Puja Festival und wiederholte seine Einladung. Da konnten wir nicht mehr anders: Wir folgten der Einladung und fuhren zu einem Tee zu ihm nach Hause.
Er war Lehrer und sein Haus war ein Anbau der Schule. Und neben der ganzen Familie waren im Nu auch die Schüler seiner Schule um uns versammelt. Nach einer halben Stunde gab es wieder eine herzliche Verabschiedung und das übliche Selfie-Shooting.
Unser Video auf YouTube:
Film-Clip zur Musik in Indien: Clip
Nachmittags erreichten wir Patna. Wir hielten am Stadtrand kurz an, um uns für die geplanten Besichtigungen zu orientieren. Ich war dafür nur eine Minute lang am Fahrrad von Annett, ca. fünf Meter von meinem Rad entfernt.
Doch das reiche einem der wenigen Schaulustigen offenbar, um unsere Kamera aus der Neoprentasche an meinem Lenker zu stehlen. Als ich den Verlust bemerkte, war der Dieb schon über alle Berge. Wir waren geschockt und gelähmt vor Wut. Alle Fotos der letzten 9 Tage waren verloren. In Hetauda, Nepal, hatte ich das letzte Mal die Bilder von der SD-Karte auf unsere externe Festplatte gespeichert.
Dieser Vorfall änderte schlagartig unser gesamtes Programm für heute und morgen. Wir stellen die geplanten Besichtigungen zurück und fragten uns stattdessen durch bis zur nächsten Polizeistelle, wo wir den Vorfall zu Protokoll bringen wollten. Der erste Beamte wollte uns direkt abwimmeln. Sie seien nicht zuständig. Doch ich blieb hartnäckig. Der zweite Beamte sprach zumindest etwas Englisch und hörte uns zu. Wir gaben alle wesentlichen Infos zu Papier.
Dann wurden wir durch die Instanzen gereicht, bis uns nach anderthalb Stunden plötzlich der Chef kennenlernen wollte. Wir erzählten den Vorfall zum x-ten Mal und dann wollte er unsere Räder sehen. Natürlich wollte er auch einmal Probesitzen. Er war sichtlich beeindruckt von unseren Rädern. Zwischenzeitlich wurde der Polizei-eigene Fotograf hinzugeholt. Und dann wurde alles fotografiert: unsere Räder, wir neben dem Chef, usw. Plötzlich wollten alle Beamten neben uns stehen und mit uns abgelichtet werden. Aus unserem eigentlichen Anliegen wurde eine Show.
Doch dann fragte der Chef, wo wir schlafen würden heute. Wussten wir natürlich noch nicht. Der Chef organisierte sofort eine Hotel-Übernachtung für uns auf Kosten der Polizei, ließ uns in der Zwischenzeit Kaffee und Gebäck bringen und versprach uns zum Abschluss, dass man alles unternehmen würde, um unsere Kamera wiederzufinden. Sie würden sich melden, wenn sie die Kamera wiederfinden. Viel Hoffnung machen wir uns allerdings nicht. Dann führte uns ein Polizist zum Hotel.
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Dienstag, 08.11.16
Heute wollten wir uns zunächst um eine neue Kamera kümmern. Wir fanden anhand der Wegbeschreibung der Locals allerdings nur einen einzigen Fotoshop in der Stadt. Und dessen Auswahl war nicht berauschend. Da war die Entscheidung nicht leicht. Wir wollten vor dem Kauf eine Nacht darüber schlafen.
Als Nächstes ging’s ins Krankenhaus. Eine fünf Tage alte Verletzung an meinem Fuß hatte sich entzündet. Im Krankenhaus verlief alles recht schnell. Ich erhielt ein Rezept für vier verschiedene Medikamente (die indischen Mediziner handeln offensichtlich alle nach dem Leitspruch „die Menge machts“ oder „viel hilft viel“). Die beiden wichtigsten Medikamente gab es aber leider in keiner Apotheke. Ich organisierte mir daraufhin ein alternatives Präparat. Im Nachhinein hätte ich mir den Besuch im Krankenhaus also sparen können.
Abends liefen uns dann zufällig Sikhs über den Weg (man erkennt sie sehr schnell an ihrem Turban). Ich fragte sie direkt nach einem Gurudwara in der Nähe (es gibt vier in der Stadt) und bekam den Weg erklärt. Der Eingang sei nicht leicht zu finden. Das ist eine Eigenart vieler Gurudwaras: Sie liegen meist sehr versteckt inmitten der Häuserblocks. Einer der Sikhs führte uns dann dorthin und blieb so lange, bis man uns ein Zimmer zuteilte.
Mittwoch, 09.11.16
Beim Frühstück besprachen wir den anstehenden Kamera-Kauf. Wir hatten ein Modell von Canon in der engeren Wahl. Doch vor dem Kauf wollte ich mir noch die Testberichte zu den Kameras im Internet ansehen.
Annett blieb im Gurudwara, während ich mich also auf den Weg machte. Ich nutzte die WiFi-Verbindung im Hotel von gestern und las mir die Testberichte durch. Demnach war unser Favorit keine schlechte Wahl. Dann suchte ich einen Geldautomaten, um mir das nötige Bargeld für den Kamera-Kauf zu beschaffen, doch alle Geldautomaten waren geschlossen oder verweigerten den Dienst.
Ich fragte einen Passanten und erfuhr, dass heute und morgen alle Banken und Geldautomaten in Indien geschlossen seien, weil ab morgen neue Banknoten in Umlauf gebracht würden (um so das im Umlauf befindliche Falschgeld aus dem Verkehr zu ziehen). Betroffen seien nur die 1000- und 500-Rupie-Scheine. In zwei Tagen sind die alten Geldscheine also wertlos. Auf der Bank nehmen sie die alten Scheine in zwei Tagen für einen Umtausch entgehen.
Ein schneller Blick in unsere Geldbörse zeigte, dass wir noch vier dieser alten 500-Rupien-Noten hatten. Die will ab heute bestimmt keiner mehr haben. Doch weil wir nicht absehen konnten, ob wir in den nächsten Tagen eine Bank zur Öffnungszeit antreffen würden, war uns klar, dass wir am besten noch heute hier in Patna den Umtausch der alten Noten vornehmen sollten.
Doch das war gar nicht so einfach: Keiner wollte die Scheine nehmen. Sie wurden behandelt wie Falschgeld. Ich ging von Shop zu Shop und machte den Leuten klar, dass wir als Radreisende nicht immer zur Öffnungszeit Zugang zur Bank haben. Sie alle lehnten ab. Doch ich blieb hartnäckig und es gab wilde Diskussionen.
Letztendlich gab es dann doch einzelne einsichtige Personen, die mir den Schein umtauschten in 100er Noten. Es dauerte anderthalb Stunden, bis ich alle vier Scheine losgeworden war. Die ganze Aktion war kräftezehrend, doch am Ende waren wir froh. Die wertlosen Scheine belasteten uns nicht mehr.
Dennoch erschien uns diese Konstellation unglaublich: Uns wurde die Kamera gestohlen und wir konnten uns 2 Tage lang kein Bargeld beschaffen für den Kauf einer neuen Kamera. Stattdessen mussten wir so schnell wie möglich unsere 500-Rupien-Scheine umtauschen, weil sie ab morgen ungültig sein würden. Und für den Kamera-Kauf kamen jetzt nur noch die Städte Gaya und Kolkata infrage.
Da ahnten wir allerdings noch nicht, dass uns das Problem mit den Geldautomaten bis zu unserer Abreise begleiten würde.
Wir verließen Patna und fuhren Richtung Gaya. Weit kamen wir jedoch nicht, weil es für uns schon wieder viel zu früh dunkel wurde. Doch wir fanden glücklicherweise schnell einen Tempel, in dem wir übernachten konnten. Es gab sogar eine Einladung zum Dinner.
Donnerstag, 10.11.16
Wir fuhren weiter Richtung Gaya und genossen die sanfte Landschaft im leichten Dunst. Später ließen wir uns von einem Lkw 40 km mitnehmen.
Wir erreichten Gaya im späten Abend bei Dunkelheit und fragten uns durch zum Gurudwara. Dort durften wir über Nacht bleiben.
Freitag, 11.11.16
Am Morgen wollten wir die beiden Fotoshops aufsuchen und nach weiteren Kamera-Modellen suchen. Und weil die Geschäfte erst um 10 Uhr öffnen, wurden wir vor unserer Abreise noch zu einer Zeremonie in dem Gurudwara eingeladen. Unmittelbar darauf wurde das Frühstück ausgeteilt für alle Gläubigen. Uns luden sie als Gäste ebenfalls ein.
Während dem Frühstück in der Gemeinschaft sprach uns dann Simi an und nach 5 min stellte sich heraus, dass sie in der Stadt ein Fotogeschäft führte. Welch ein Zufall. Sie nahm mich mit zu ihrem Laden und ich stöberte im Sortiment der Kameras. Nach einer Stunde war ich mir nicht mehr sicher, ob ich hier die richtige Auswahl treffe. Ich las mir im Internet noch weitere Testberichte durch. Und dabei stieß ich auf das für uns passende Kamera-Modell. Leider hatte Simi ausgerechnet dieses Modell nicht mehr auf Lager. Sie fragte telefonisch in den anderen Foto-Geschäften in Gaya nach, doch ohne Erfolg.
Wir verließen Gaya und fuhren nach Bodh Gaya, dem Ort, an dem Buddha nach 5 Wochen Meditation die Erleuchtung erfahren hatte.
Auf dem letzten km nahm der touristische Trubel enorm zu. Souvenirstände, Reisebusse, Hotelanbieter und dichter Verkehr ließen vermuten, dass es sich hier um eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Lande handelt.
Viel Zeit hatten wir allerdings nicht mehr für die geplante Besichtigung. Es dämmerte schon. Wir verschafften uns nur noch ein Bild von der Größe des Mahabodhi Tempels und wollten morgen zur Besichtigung wiederkommen.
Auf dem Rückweg kamen wir mit einem Motorradfahrer ins Gespräch und dieser vermittelte uns spontan eine Übernachtung im Hostel seines Freundes direkt hinter der Touristen-Meile. Ein glücklicher Zufall.
Während ich uns draußen etwas zu essen organisierte, kämpfte Annett im Hostel gegen den mehrmaligen Stromausfall. Einmal erwischte es sie auf der Toilette, ein weites Mal unter der Dusche. Sie beschaffte sich daraufhin eine Kerze und von da an war die Finsternis kein Thema mehr. Im Gegenteil: es kam sogar romantische Stimmung auf.
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Samstag, 12.11.16
Wir fuhren zurück zum Mahabodhi Tempel. Der Eintritt ist frei, aber für die Nutzung der eigenen Kamera muss man bezahlen. Hätten wir gerne getan, aber wir hatten ja keine Kamera zurzeit. Wir wollten stattdessen mit unserem Handy fotografieren, doch Handys waren auf jeden Fall verboten. Da half auch eine Audienz beim Chef des Tempel-Komitees nicht weiter. Das war etwas bitter.
Also besichtigten wir den Tempel ohne jegliches Kamera-Equipment. Der Tempel ist aus dem 6. Jh. und wirkt monumental groß, beherbergt im Inneren jedoch nur eine kleine Gebetsstätte. Viel interessanter war dagegen das Leben um den Tempel herum: regelrechte Zeltlager gab es im Gelände, an vielen Stellen wurde meditiert oder musiziert, Kerzen- und Räucherstäbchen-Duft lagen in der Luft. Die gesamte Atmosphäre war sehr beeindruckend.
Direkt neben dem Tempel wächst ein Ableger des ursprünglichen Bodhi Tree. Unter dem Bodhi Tree, einer Pappelfeige, hatte Buddha seinerzeit bis zur Erleuchtung meditiert. Viele Äste dieses Ablegers werden aber mittlerweile nur noch durch wuchtige Stahlstützen in der Luft gehalten. Er ist auch schon in die Jahre gekommen.
Nach der Besichtigung fuhren wir weiter Richtung Kolkata. Am 16.11. wollten wir spätestens dort eintreffen, um genug Zeit für die Vorbereitung auf unseren Flug nach Bangkok zu haben. Allerdings hatten wir 500 km Strecke vor uns. Also trampen wir wieder nach den ersten 10 km. Es fand sich recht schnell ein Truck, der uns ganze 100 km mitnahm. Das freute uns natürlich. Wir saßen insgesamt zu 9 Personen im Fahrerhaus des LKWs.
Mit Karan kamen wir während der Fahrt dann näher ins Gespräch. Und er lud uns zu sich nach Hause ein. Sein Dorf läge nur 30 km von der Schnellstraße entfernt. Es war erst 15 Uhr, also noch viel zu früh, für die Suche nach einem Schlafplatz, und ein Rückweg bis zur Schnellstraße von 30 km Länge frisst am nächsten Tag natürlich Zeit. Doch Karan bat uns mehrfach, seiner Einladung doch zu folgen. Es würde seine Familie sehr freuen. Nach anfänglichem Zögern sagten wir doch zu.
Die Fahrt zum Haus von Karan war dann mal wieder so ein Überraschungspaket: 20 km fuhr uns der Lkw ins Hinterland, dann hielt es er vor einem dieser vielen Straßen-Restaurants. Dort sollten wir unsere Fahrräder samt Gepäck unterstellen. Ab hier ging es zu dritt auf Karan’s Motorrad auf einer kleineren Straße bis ins Dorf. Wir hatten ein ganz ungutes Gefühl bei dem Stellplatz für unsere Fahrräder. Der Schock über den Verlust unserer Kamera steckte uns noch in den Gliedern. Doch Karan versicherte uns, der Stellplatz sei sicher. In unseren Augen war er das halt nicht.
Das sind die schlimmsten Augenblicke auf unserer Reise: wenn man eigentlich keine Chance hat, den einmal eingeschlagenen Weg zu verlassen. Der Lkw-Fahrer ließ seinen Truck am Restaurant stehen, mit den Fahrrädern samt Gepäck ins Dorf zu fahren, hätte Stunden gedauert und einen anderen Stellplatz für unsere Räder gab es nicht. Also mussten wir da durch.
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Das Dorf war sehr klein und bestand nur aus einigen Lehmhäusern von Kleinst-Farmern. Auch der Hof von Karan‘ s Familie war klein und einfach. Strom gab es praktisch nicht und die Toilette lag hinter dem Nachbar-Hof. Es war sozusagen die Dorf-Toilette. Das Wasser wurde per Zinkeimer aus einem großen, offenen Brunnen hochgezogen.
Bis in den tiefen Abend saßen wir bei Taschenlampen-Licht auf unserer Holzbett-Kante und genossen später noch ein tolles Dinner: Reis aus eigenem Anbau mit vielen Beilagen.
Geschlafen haben wir Kopf an Fuß, weil die Holzpritsche eigentlich zu schmal für zwei Personen war. Und wir schliefen so hart wie selten: unter uns lag nur eine dünne Wolldecke. Ich legte mein Kopfkissen unter die Hüftknochen, weil es so weniger schmerzte. Annett legte die Blei-schwere Zudecke unter sich, um einen Sprung zwischen den Holzbohlen auszugleichen.
An unsere Therm-a-Rest-Matten kamen wir natürlich nicht heran; die lagen auf unseren Rädern, 10 km entfernt. Richtig erholsam war unser Schlaf damit nicht. Aber wir hatten ein Dach über dem Kopf.
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Sonntag, 13.11.16
Mit Schmerzen in der Hüfte und geschwollenen Hautpartien standen wir auf. Die harte Pritsche und die Mücken hatten einen geruhsamen Schlaf erfolgreich verhindert.
Wir wurden noch zum Tempel geführt und danach fuhr uns Karan wieder zu unseren Rädern. Es war alles noch an seinem Platz. Wir atmeten auf. Für den Rückweg bis zur Schnellstraße benötigen wir eine gute Stunde, trotz der vielen Gefälle-Passagen.
Dann versuchen wir wieder zu trampen. Die Schnellstraße war zu 50 % noch im Bau. Und das ewige Pendeln zwischen 300 m gutem Asphalt und 300 m staubiger Sandpiste war auf Dauer sehr nervig.
Montag, 14.11.16
Beim Einrollen der Schlafmatten entdeckte ich in der Matte von Annett einen kleinen Dorn. Ich zog ihn heraus, damit er keinen Schaden angerichtet. Und dann schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass der Dorn jetzt ja vielleicht schon ein Loch hinterlassen hat. Und ich hätte die Stelle markieren müssen, damit ich das Loch dann leicht wiederfinde. Zu spät. Jetzt konnte ich mir nur noch grob den Bereich auf der Matte merken.
Trampen war heute äußerst schwierig: Es wollte einfach kein Wagen halten. Also radelten wir fleißig die monotone Straße entlang. Spätnachmittags ergab sich dann doch noch eine Mitfahrgelegenheit. Und dieser Lkw fuhr uns bis zum Einzugsgebiet Kolkatas. Von hier waren es nur noch 10 km in die Stadt.
Jetzt mussten wir uns nur noch eine Unterkunft für die Nacht suchen. Und wie der Zufall so will, lag direkt an der Schnellstraße ein Gurudwara. Wir fragten und durften bleiben. Einer der älteren Sikhs brachte uns noch Tee und heiße Milch. Und er blieb länger in unserem Raum, als es uns lieb war. Als wir uns dann umziehen wollten, mussten wir ihn tatsächlich fortschicken. Von alleine wäre er nicht gegangen.
Dienstag, 15.11.16
Annetts Schlafmatte war tatsächlich undicht. Also hatte der Dorn von gestern doch ein Loch hinterlassen. Obwohl ich versäumt hatte, die Stelle zu markieren, hatte ich das Loch schnell gefunden. Mühsam war diesmal nur die Anwendung der Reparatur-Flüssigkeit von Thermarest (Hot Bond). Durch die zweimalige Nutzung vor ca. einem Jahr war die Masse an der Tubenöffnung ausgehärtet und ließ die flüssige Masse nicht durch. Ich versuche, die Öffnung der Tube freizulegen, doch es gelang mir nicht. Nach einer Stunde Pulerei gab ich auf und stach seitlich in die Tube ein Loch. Damit verlief die Reparatur doch noch erfolgreich.
Unglücklicherweise lag die reparierte Stelle genau auf dem Knickfalz und die aufgebrachte Reparaturmasse löste sich am Rand schon ab. Also musste ich die Faltung der Matte jetzt ändern.
Wir verabschiedeten uns und fuhren weiter Richtung Stadtzentrum. Etwas angesäuert waren wir, weil uns der ursprünglich geplante Warm Showers Kontakt kurzfristig abgesagt hatte. Somit standen wir zunächst einmal ohne Unterkunft in einer der größten Städte Indiens da.
Plötzlich hielt ein Sikh mit seinem Motorrad neben uns, brachte seine Begeisterung zum Ausdruck und wollte alles über unsere Reise wissen. Wir erzählen natürlich auch von unserem misslungenen Warm Showers Aufenthalt hier in Kolkata. Und daraufhin bot er uns spontan den Gurudwara hier im Viertel an. Wir schauen etwas ungläubig, weil es ja bis zum 19.11. insgesamt vier Nächte waren. Doch das wäre wohl kein Problem. Er lotste uns zum Gurudwara und arrangierte für uns ein Zimmer für die kommenden vier Nächte. Es ist unglaublich, wie schnell sich manchmal eine Situation durch einen kleinen Zufall ändert.
Wir brachten unser Gepäck auf das Zimmer. Dann musste ich mich erst einmal hinlegen. Ich hatte seit dem Morgen Kopfschmerzen und fühlte mich schlapp. Da war irgendeine Krankheit im Anmarsch.
Nachmittags fuhr ich dann per Fahrrad alle Fotogeschäfte der Stadt an und suchte unseren Favoriten. Ich fand ihn in drei Geschäften. Den besten Preis bot man mir natürlich in dem Shop, der am weitesten von unserer Heimat entfernt war: 20 km. Ich wollte schon kaufen, da schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass Fotokameras in Thailand, unserem nächsten Reiseland, möglicherweise preiswerter sind als hier in Indien. Also verschob ich den Kauf und plante zunächst einmal einen Preisvergleich übers Internet ein.
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Dann musste ich mich auch schon auf den Heimweg machen, denn um 21 Uhr schließen die Sikhs im Gurudwara die Tore. Dummerweise ist der Verkehr abends viel dichter und man steht oft im Stau; auch ich mit meinem Fahrrad. Da hatte ich plötzlich große Sorge, es nicht mehr rechtzeitig zum Gurudwara zu schaffen. Ich nutzte jeden Spielraum zwischen den Autoschlangen, drängelte mich bei roter Ampel durch den quer fließenden Verkehr und nutzte jede freie Strecke zum Sprint. Und ich erreichte den Gurudwara tatsächlich doch noch bei geöffneter Türe. Aber ich war geschafft: gesundheitlich stark angeschlagen, 40 km Strecke per Fahrrad bei Großstadtverkehr und die zweite Hälfte davon im Sprint, das war für heute zu viel.
Mittwoch, 16.11.16
Ich hatte die ganze Nacht geschwitzt. Der Schlafsack war pitschnass. Mir taten alle Glieder weh, ich hatte Kopfschmerzen und meinem Magen ging es nicht gut. Das passte mir überhaupt nicht. Es war soviel vorbereiten für den Flug und den Kamera-Kauf und wir hatten nur drei Tage Zeit. Ich versuchte, mich aufzuraffen, doch die Schmerzen waren zu stark. Ich blieb liegen bis nachmittags. Dann fuhr ich wieder los und suchte mir ein Internet-Cafe in der Nähe.
Die Suche nach Bikeshops für die Beschaffung von Fahrrad-Kartons, der Vergleich der Kamera-Preise in Indien und Thailand, usw. Nach den Infos im Internet waren die Kameras in Indien nicht teurer als in Thailand. Also stand dem Kamera-Kauf nichts mehr im Wege.
Annett kümmerte sich derweil um die Vorbereitung unseres Gepäcks für den Flug.
Donnerstag, 17.11.16
Mir ging es wieder etwas besser. Also mache ich mich auf den Weg in die Stadt: Kamera-Kauf, Fahrrad-Kartons besorgen, Klebeband für die Kartons kaufen, meine chronische Entzündung am Fuß behandeln lassen, usw.
Besonders mühsam war die Suche nach den größtmöglichen Fahrrad-Kartons: Die meisten hatten nur Kartons für 26“-Räder. Wir brauchen aber die große 28“-Version. Es sind nur wenige cm Differenz, aber die spielen für uns eine große Rolle.
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Die Kamera musste ich per Kreditkarte bezahlen; alle Geldautomaten waren immer noch geschlossen und an den Bankschaltern standen immer noch endlos lange Schlangen. Am Schalter hätte ich auch nur max. 10.000 Rupien abheben können; für den Kauf der Kamera benötigte ich deutlich mehr.
Die Kartons band ich mit einem Strick zusammen und trug sie auf der Rückfahrt auf Hüfthöhe neben dem Fahrrad. Das war auf Dauer sehr kräftezehrend und nicht ganz ungefährlich. Ausnahmsweise mal nicht wegen meines Fahrstils, sondern wegen der Unberechenbarkeit anderer Verkehrsteilnehmer. Das Highlight war hierbei eine direkt neben mir an einem parkenden Auto sich öffnende Türe: Dooring. Um Haaresbreite huschte ich mit den Kartons an der offenen Türe vorbei. Wären die Kartons an der Türe hängen geblieben, hätte mich das wahrscheinlich zu Fall gebracht und der neuen Kamera im Rucksack bestimmt nicht gutgetan. Wieder mal Glück gehabt.
In dem Gurudwara hatte sich mittlerweile herumgesprochen, dass zwei deutsche Reiseradler zu Gast sind. Dementsprechend wuchs das Interesse an uns deutlich. Viele Sikhs kamen an unser Zimmer, boten Hilfe an, wollten Fotos mit uns machen. Sie boten uns jetzt sogar das interne WiFi an.
Freitag, 18.11.16
Noch ein Tag bis zum Flug von Kolkata nach Bangkok. Mir ging es unverändert schlecht. Ich hatte Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe und Magenschmerzen. Ich war viel zu schlapp für große Aktionen, doch ich musste heute schon die Räder in die Kartons verpacken. Und das bedeutete denselben Aufwand wie beim letzten Flug: Laufräder ausbauen, Schutzbleche abschrauben, Gepäckträger ebenfalls, Sattel und Pedale sowieso, und dabei alle Schrauben an die betreffenden Einzelteile kleben, um bei dem Wiederaufbau den Durchblick nicht zu verlieren.
Es kostete mich viel Kraft: das ständige Bücken und Knien, das Wenden der Räder und am Schluss das Verstauen aller Teile in den Kartons. Ich hatte kaum genug Kraft in den Armen, um die Fahrradrahmen anzuheben beim Packen in den Karton.
Normalerweise müsste ich in ärztliche Behandlung. Doch dazu fehlte uns hier in Kolkata die Zeit. Ich verschob es auf Bangkok. Da ahnte ich noch nicht, dass ich mir Dengue-Fieber eingefangen hatte.
Samstag, 19.11.16
Heute Abend um 19:40 geht unser Flug mit Zwischenstopp und Flieger-Wechsel in Dhaka, Bangladesch. Wir haben dort 12 Stunden Aufenthalt. Zeit genug, um sich mit der neuen Kamera auseinanderzusetzen. Und die Berichte für den Blog sind auch noch zu überarbeiten. Also genug zu tun.
Ich hoffte sehr, dass meine Krankheit, was auch immer ich gerade ausbrütete, mir da nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht. Bei starken Kopfschmerzen und Magenbeschwerden packte ich an den Kartons. Und immer wieder musste ich mich hinlegen, wenn die Schmerzen zu groß wurden.
Aryan aus dem Gurudwara organisierte für uns den Transport zum Flughafen und handelte einen guten Preis aus. Dafür waren wir ihm sehr dankbar.
Um 15 Uhr verabschiedeten wir uns und es ging per Kleintransporter Richtung Flughafen. Der Fahrer fuhr den Flughafen offensichtlich zum ersten Mal an. Er fragte sich mehrfach durch und wir landeten zunächst in der Cargo-Abwicklung. Das war völlig verkehrt. Also wieder zurück. Die Anfahrt zu den einzelnen Terminals ist nicht sonderlich gut ausgeschildert und die Straßenführung ist verwirrend. So dauerte es eine Stunde, bis der richtige Eingang gefunden war.
Aber wir waren noch nicht zu spät. Bei der Gepäck-Aufgabe gab es dann mächtig Ärger: Unsere Kartons seien zu groß für den kleinen Flieger. Und sie waren zu schwer. 30 kg je Karton waren erlaubt, unsere Kartons wogen 40 bzw. 47 kg. Wir sollten die Kartons leichter machen. Wir versuchten, zu verhandeln, doch der Manager der Airline blieb in allen Punkten hart.
Also schnitten wir die aufwändig verklebten Kartons wieder auf und packen einen Teil unserer Sachen zurück in die Packtaschen. Tape zum Verkleben der Kartons hatten wir nicht dabei. Und es ließ sich auch nirgendwo beschaffen hier. Wir hatten nur zufällig unsere Wäscheleine mit. Wir schnitten sie in vier Teile und verzurrten damit die Kartons, so gut es ging. Annett half noch mit ihren Schnürsenkeln aus; somit konnten wir jeden Karton mit zwei Leinen verschließen. Hoffentlich halten die dünnen Reepschnüre, dachte ich mit Sorge. Fahrradkartons werden ja bekanntlich nicht sanft behandelt.
Dann wurde erneut gewogen und der Gepäck-Aufpreis ermittelt: 1000 US-Dollar sollten wir zahlen. Uns blieb das Herz stehen. Wir wollten wissen, wie sie auf den Betrag kamen. In der Berechnung ging der Manager von zweimal 20 kg erlaubtem Gepäck aus. Auf unseren Tickets standen aber 30 kg. Damit reduzierte sich Gebühr auf 500 Dollar. Das war immer noch happig. Und es überstieg vor allem unsere Bargeldreserve. Die war in den letzten Wochen ja stark geschrumpft und konnte wegen der Banknoten-Umstellung hier in Indien leider nicht wieder aufgefüllt werden. Wir hatten nur 300 Dollar dabei. Unsere Kreditkarte als Zahlungsmittel akzeptierten sie nicht und die Geldautomaten waren immer noch geschlossen wegen des Austauschs der alten Banknoten. Mit dem Preis wollte der Manager auf keinen Fall heruntergehen. Und er gab uns eine halbe Stunde Zeit, das Geld zu beschaffen.
Ich sprach mehrere Fluggäste anderer Flüge an, ob sie uns das fehlende Geld borgen könnten. Die meisten winkten ab, doch dann fand sich ein Koreaner, der helfen wollte. Ich lief mit ihm zum Manager, doch der hatte den Flug zwischenzeitlich schon abgeschlossen. Wir konnten nicht mehr mitfliegen. Aus. Vorbei. Das war’s.
Wir hatten unseren Flieger verpasst und unser Indien-Visum lief heute ab. Wir müssten einen neuen Flug buchen und unser Gepäck als Cargo-Fracht aufgeben, das wäre dann preiswerter. Es erforderte aber eine Fahrt mit dem Gepäck zurück in die Stadt zum Verwaltungs-Gebäude der Airline. Das kam gar nicht infrage für uns. Viel zu umständlich. Und angeblich wären dann immer noch 300 Dollar zu bezahlen. Bevor der Crew-Chef ging, rief er uns noch einen neuen Flug zu: morgen früh um 9:45 ginge der nächste Flieger nach Dhaka. Den könnten wir nehmen. Um 7 Uhr sollten wir wieder an die Gepäck-Aufgabe kommen. Die Frage nach dem Anschluss-Flug nach Bangkok blieb unbeantwortet. Müssen wir wohl morgen abklären.
Der Koreaner hatte sich mittlerweile wieder verabschiedet. Aber ich hatte ja jetzt einige Stunden Zeit, jemand anderen zu finden, der uns Geld borgen könnte. Zwei australische Pärchen halfen uns dann mit US-Dollar und Austral-Dollar und ich bekam deren Kontodaten für die Rückerstattung.
Unsere Laune war im Keller. Wir suchen uns eine ruhige Ecke in der Flughafenhalle und versuchten, etwas zu schlafen. Die meisten Sitzreihen lagen im Einzugsgebiet der Klimaanlagen. Und die waren viel zu kalt eingestellt und liefen ununterbrochen. Das war auf Dauer sehr unangenehm und sicherlich auch reines Gift für meine Genesung.
Sonntag, 20.11.16
Um 7 Uhr begann unser zweiter Versuch, das Gepäck aufzugeben. Zuerst ließen wir abklären, welcher Anschluss-Flug uns von Dhaka nach Bangkok bringt. Und das blieb wohl der ursprünglich gebuchte Flug. Dessen Abflugzeit wurde um drei Stunden verschoben; das kam uns jetzt zugute. Aber zunächst mussten wir auf den anderen Flug nach Dhaka umgebucht werden. Und dafür wäre dann doch eine Gebühr fällig. Für die Bezahlung der 500 Dollar sollten wir die gestern geborgten Austral-Dollar doch bitte in US-Dollar umtauschen.
Ich lief zum Exchange-Office, doch die machen gerade Pause. Ich drängelte mich in die Pause, um keine Zeit zu verlieren und man wollte mich auch bedienen, doch Austral-Dollar könnten Sie nicht umtauschen. Dann erklärte ich, dass wir den Umtausch dringend benötigten und dann ging es auf einmal doch. Sie wollten Flugticket und Passport sehen, dabei fiel ihnen auf, dass unser Visum seit gestern abgelaufen war. Das stoppte den Prozess sofort. Ich versuchte wieder, Erklärungen nachzuschieben. Sie telefonierten mit ihrem Boss und dann wurden in mehrfacher Ausfertigung Kopien angefertigt von Ticket und Passport. Ich musste dann dreimal unterschreiben und danach bekam ich dann doch noch die US-Dollar ausgehändigt. Das war knapp.
Ich rannte zurück und bezahlte die 500 US-Dollar. Dann sollten wir die Pässe abgeben. Auch hier bemerkten sie nun, dass unsere Visa abgelaufen waren. Und wieder stand eine Sonderbehandlung an.
Der Crew-Manager nahm uns mit zur Migrations-Stelle. Dort wurde wieder telefoniert. Ich hoffte, dass die Strafgebühr jetzt nicht doch noch unseren finanziellen Rahmen sprengt. Wir hatten noch ganze 31 Dollar in der Tasche.
Dann kam der Chef und gab uns Ratschläge, wie wir eine Überschreitung der Visa-Gültigkeit künftig vermeiden könnten. Er schmunzelte und ließ den Ausreise-Stempel in die Visa machen. Keine Strafgebühren. Das war wohl nicht so schlimm. Vielleicht drücke man für uns auch nur ein Auge zu. Wir waren auf jeden Fall erleichtert.
Da lief unsere Ausreise aus dem Iran vor einigen Monaten aber ganz anders ab: vier Stunden hatten sie uns dort festgehalten und wir mussten viel Geld bezahlen. Dabei trugen wir für die Visa-Überschreitung im Iran seinerzeit gar keine Schuld.
Der weitere Ablauf war ausnahmsweise ohne besondere Vorkommnisse. Bis wir Dhaka in Bangladesch erreichten. Dort fing man uns im Transit direkt ab und führte uns zum richtigen Schalter, wo wir die Boarding-Card für den Anschluss-Flug nach Bangkok in die Hand bekamen. Das hatte die Crew in Kolkata vorab so organisiert.
Eine halbe Stunde später saßen wir in demselben Flieger, mit dem wir gekommen waren. Unser Gepäck wurde also nicht umgeladen. Im Nachhinein betrachtet, hätte der erste Flug gestern Abend den Transport unseres Gepäcks unsicherer gemacht, weil dessen Anschluss-Flug ein Umsteigen in einen zweiten Flieger erfordert hätte.
Um 15 Uhr erreichten wir Bangkok in Thailand. Und wir waren sehr froh, dass doch noch alles geklappt hatte. Wenn auch der Flugpreis mit 800 US-Dollar in Summe im Nachhinein sehr teuer war.
Was blieb, war die Befürchtung, dass ich mir in Indien eine gefährliche Tropen-Krankheit zugezogen hatte. Wir waren sehr gespannt, mit welcher Diagnose ich in Thailand konfrontiert würde in den nächsten Tagen.
Weiter geht es in dem Artikel Thailand 2016
Resümee zu Indien Nordost
(Ergänzung zum Resümee Indien Nordwest 2016)
Insgesamt waren wir drei Wochen in Indien Nordost auf Tour und haben dabei die Staaten Uttar Pradesh, Bihar und Westbengal kennengelernt.
Spektakuläre Landschaft sahen wir in Indien Nordost nicht. Aber wir tauchten ein in die Kultur Indiens und des Hinduismus. Die vielen Interviews nervten am Ende etwas, ebenso die Scharen an Neugierigen, die sich sofort um uns versammelten, sobald wir irgendwo anhielten.
Nervig fanden wir außerdem die endlosen Wartezeiten an Bahnübergängen, das Glotzen der Schaulustigen, aber vor allem das ewige, extrem laute Gehupe.
Ein großes Problem ist die Absicherung gegen Diebstahl. Tacho und Kamera wurden uns gestohlen. Den Tacho fand die Polizei wieder, die Kamera blieb auf ewig verschwunden.
Der landesweite Austausch der alten 500- und 1000-Rupien-Scheine zur Bekämpfung von Schwarzmarkt und Falschgeld traf uns hier in Indien Nordost ungewöhnlich hart: Alle Geldautomaten im Lande standen für den Rest unseres Aufenthalts nicht mehr zur Verfügung. Die Bargeld-Beschaffung war unmöglich geworden.
Indien Nordost war ein äußerst intensives Erlebnis. Manchmal grenzwertig und schwer zu ertragen, aber unglaublich in vieler Hinsicht.
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