Am 14.12.2019 sind wir, von Peru kommend, nach Ecuador eingereist. Hier wollten wir hinter Guayaquil direkt an der Küste der Ruta del Sol folgen und über Quito Richtung Kolumbien weiterradeln.
Viel Zeit hatten wir nicht für dieses Land, denn die Zwangspause in Peru wegen meines Verkehrsunfalls und dem gebrochenen Handgelenk hatte uns 2 Monate Reisezeit genommen. So hatten wir nun lediglich 30 Tage für unsere Reise durch Ecuador und Kolumbien, denn Mitte Januar stand unser Flug von Bogotá nach Mexiko auf dem Plan.
Unsere Tipps für Radreisen in Ecuador.
Unser Ecuador 2019 – Reisebericht:
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Unsere Route auf OpenStreetMap
Samstag, 14.12.19
Die Grenzabwicklung am Übergang Lalamor ging zwar schnell über die Bühne, doch der Registrierungsaufwand ist hier deutlich höher als wir es bisher in Südamerika erlebt hatten: Die Fingerabdrücke aller 10 Finger werden gescannt und es werden Digitalfotos angefertigt.
Das muss seine Gründe haben: Wir kommen wohl so langsam in die gefährlicheren Gebiete Südamerikas.
Nach den 70 km Berg- und Talfahrt auf peruanischer Seite und der tropischen Hitze verspürten wir keine großen Ambitionen mehr zu weiteren Strecken. Wir ließen uns von einem Pickup mitnehmen bis zum nächsten Dorf und wollten uns dort einen Platz für die Nacht suchen.
Unser Fahrer war zufällig Besitzer einer großen Kokospalmen-Plantage und lud uns während der Fahrt zu einem eisgekühlten Kokoswasser ein. Das tat gut. Außerdem organisierte er uns eine Übernachtung in einem der Hotels in Zapotillo. Was für ein Auftakt in unserem neuen Reiseland.
Sonntag, 15.12.19
Entspannt und ausgeruht verließen wir Zapotillo und machten uns auf den Weg durch die Berglandschaft Richtung Küste. An der Küste wollten wir dann der Ruta del Sol folgen. Das ist eine sehr abwechslungsreiche Küstenstraße mit wenig Verkehr, ideal fürs Radeln.
Auf eine Fahrt durch die Berge der Anden mussten wir leider hier in Ecuador verzichten, denn dafür ist der Dezember schon zu Regen-intensiv.
Landschaftlich befanden wir uns jetzt in einem interessanten Gebirge mit tropischem Regenwald. Der Himmel war bedeckt, aber es war extrem schwül. Wir waren ja nun ziemlich dicht am Äquator. Bei bedecktem Himmel kam die tolle Landschaft allerdings nicht wirklich wirkungsvoll zur Entfaltung.
Der Weg von Zapotillo bis Machala enthielt sehr viele steile Anstiege und Höhenmeter. Ich kam regelmäßig nur noch per Schieben voran, das bekam meinem linken Handgelenk jedoch gar nicht gut: Ich hatte stechende Schmerzen durch den Druck auf den Handballen. Auch die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit machten uns zu schaffen.
Wir rechneten uns aus, wie viele Tage wir per Fahrrad für die Bewältigung dieser Berge investieren müssten: Es waren zu viele! Schließlich mussten wir um den 10. Januar herum Bogotá erreichen wegen unseres Fluges.
Da dauerte es nicht lange, bis wir uns von einem kleinen LKW für 30 km mitnehmen ließen. Das ersparte uns schon einmal einen Anstieg um 600 Höhenmeter. Doch auch hinter diesem ersten größeren Anstieg blieb es anstrengend: Immer wieder führte die Straße mit vielen Kurven bis hinunter ins Tal, überquerte einen kleinen Flusslauf und führte gleich dahinter wieder mit einem steilen, nicht enden wollender Anstieg hoch in den nächsten Berg.
In den späten Nachmittagsstunden wurde uns dann die Zeit knapp bis zum nächsten Dorf. Wir fragten einen Pickup-Fahrer, ob er uns mitnehmen könne und nach fünf Minuten Fahrt entwickelte sich daraus eine Mitfahrgelegenheit bis Machala.
Es gab nur das Risiko, dass uns eine der vielen vor uns liegenden Polizeikontrollen einen Strich durch die Rechnung macht, denn ich musste aus Platzmangel neben unseren Fahrrädern auf der Ladefläche sitzen, was in Ecuador aber eben verboten ist.
Der Fahrer reichte mir eine Wolldecke, unter der ich mich verstecken sollte, sobald eine Kontrolle anstand. Per Intervall-Bremse wollte er mir signalisieren, wann wir eine Kontrolle durchfahren werden.
Das klappte soweit ganz gut, bis auf die letzte Kontrolle. Ich erkannte das Intervall-Bremsen nicht und so war ich nicht schnell genug abgetaucht. Ich versuchte, mich unter der Decke nicht zu bewegen, aber natürlich war für einen aufmerksamen Kontroll-Beamten sofort erkennbar, dass unter der Decke ein Mensch saß. Ich ragte aus all unserem Gepäck mit dieser Körperhaltung schließlich sehr exponiert heraus. Doch man bemerkte mich nicht. Wir wurden durchgewunken. Glück gehabt.
Nach dieser letzten Kontrolle lief alles entspannt ab: Der Fahrer hielt hinter der nächsten Kurve an und ab da konnte ich ohne Decke wieder in einer halbwegs entspannten Sitzhaltung verharren.
Dann fuhren wir zum Empanada-Essen, frittierte Käsetaschen . Lecker, lecker! Wir durften nicht bezahlen. Das kam für den Fahrer und seine Familie überhaupt nicht infrage. Wir waren Gäste. Unglaublich.
In dieser Pause tauschten Annett und ich dann auch unsere Erlebnisse auf der bisherigen Fahrt in dem Pickup aus: Annett teilte sich im Innenraum mit drei etwas stärker beleibten Personen die hintere Sitzreihe und hing dabei mehr in der Luft als auf dem Sitzpolster. Auch nicht gerade bequem.
Am späten Abend erreichten wir Machala und machten uns auf die Suche nach einem Schlafplatz: Bomberos, Kirche, Warm Showers, Couchsurfing, … alle Anfragen verliefen negativ. Dann fuhren wir die Parks nach unserer Digitalkarte ab. Doch zu unserer Enttäuschung waren es alles Bananenplantagen und keine zelttauglichen Rasenflächen.
Dann sprachen wir eine Gruppe Jugendlicher an, die auf der Straße unseren Weg kreuzten. Sie organisierten uns einen Zeltplatz auf dem nahegelegenen Sportgelände in ihrer Wohngegend und brachten uns sogar noch einige Liter Wasser und Cracker. Außerdem versicherten sie uns, dass es ein sicherer, ruhiger Platz sei.
Montag, 16.12.19
Der Platz war tatsächlich sehr ruhig. So gingen wir den Morgen auch gleich ziemlich gelassen an und waren erst um 11 Uhr wieder abfahrbereit. Dann führte unser Weg Richtung Guayaquil an endlosen Bananenplantagen entlang. Dazwischen standen immer wieder einzelne Kokospalmen oder Mangobäume mit vollen Früchten. Wir erlebten die ganze Vielfalt der tropischen Vegetation.
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Immer, wenn uns die Straße wegen fehlendem Seitenstreifen zu gefährlich war, trampten wir. Ein Fahrzeug aus der Fahrt heraus anzuhalten, war allerdings nicht ganz einfach. Dennoch klappte es irgendwann und so erreichten wir kurz vor der Dunkelheit Guayaquil.
Unsere kurzfristige Anfrage bei einigen Warm Showers Kontakten zog ausschließlich Absagen nach sich. Auch bei den Bomberos hatten wir keinen Erfolg. So landeten wir am Ende in einer katholischen Kirche, wo uns der Padre in seiner Begeisterung über unsere Reise ein Zimmer mit allen Annehmlichkeiten organisierte.
Dienstag, 17.12.19
Einige Mücken hatten einen ungestörten, erholsamen Schlaf verhindert. Ansonsten war es ein traumhafter Aufenthalt: eine warme Dusche, heiße Milch und Eier zum Frühstück und eine Wegzehrung, bestehend aus verschiedenen selbst gebackenen Keksen aus der Klosterküche mit auf den Weg. Die Freude war groß. Zum Abschied eine Audienz beim Monsignore, die Einladung, bei unserem nächsten Aufenthalt in Ecuador wiederzukommen und ein kleines Fotoshooting mit den Nonnen: Santuario Divino Nino Jesus. Ein unvergesslicher Aufenthalt.
Die ersten beiden Stunden kämpften wir uns durch den Großstadtverkehr von Guayaquil. Als wir die Stadt endlich hinter uns hatten, begann eine autobahnähnliche Piste ohne Seitenstreifen, aber mit sehr viel Verkehr. Trampen war der einfachste Weg, der Gefahr auf dieser Straße zu entkommen, doch es wollte kein Fahrzeug halten. Sie alle bretterten mit 100 bis 140 km/h an uns vorbei. Annett flüchtete oft in den groben Schotter neben der Straße. Das bremste natürlich gewaltig und war zudem sehr kräftezehrend.
Dann hielt eine Dame, brachte ihre Begeisterung über unsere Radreise zum Ausdruck und organisierte für uns eine Mitfahrgelegenheit im Pickup der Familie bis zur Küste, immerhin 140 km Strecke. Wir atmeten auf, warteten eine halbe Stunde, bis der Chauffeur der Familie eintraf und ließen uns an die Küste fahren.
So hatten wir in nur 3 Tagen 600 km Strecke und viele Berge und Höhenmeter hinter uns gebracht. Damit eröffneten sich jetzt etwas größere Spielräume für die Reise entlang der Küste. Die bot auch gleich reichlich Abwechslung: Sandstrände, Felsenklippen, Fischerdörfer, eine frische, kühle Brise und Sonnenschein mit deutlich geringerer Wolkenbildung als im Inland. Flach und eben war diese Straße allerdings nicht: Sie führte immer wieder über kleinere und größere Hügel.
Am Abend erreichten wir Olon, wo wir in der Santuario Blanca Estrella del Mar einen Schlafplatz fanden. Nur gut, dass uns der Monsignore in Guayaquil heute Morgen noch den Tipp zu den Kollegen hier in Olon mit auf den Weg gegeben hatte. Sie liegt auf einer Steilfelsklippe am Meer, mit tollem Ausblick.
Wir genossen wieder die gleichen Annehmlichkeiten wie am Tag zuvor: Betten mit sauberen Matratzen, jedoch eine kalte Dusche, Licht und Strom zum Laden. Die dichten Fliegennetze vor den Fenstern versprachen auch eine mückenfreie Nacht.
Mittwoch, 18.12.19
Die tropische Schwüle und das anspruchsvolle Terrain hinterlassen ihre Spuren. So benötigen wir zurzeit deutlich längere Schlafphasen: Kommen wir sonst in der Regel mit 6 Stunden Schlaf aus, sind es in diesen Tagen mindestens 9 Stunden.
Ähnlich läuft es mit den Tagesstrecken: Nach 40 km Küstenstraße sind wir geschafft. Die vielen Höhenmeter in der Hitze fordern viele Pausen. Unser Trinkwasserbedarf lag bei 3 Litern und mehr täglich.
Heute schafften wir es bis Salango, wo uns der Chef vom Casa Communal im städtischen Museum einen Schlafplatz in einer leerstehenden Halle organisierte. Luftlinie 50 Meter vom Strand entfernt, genossen wir hier sogar das Rauschen der Brandung.
Donnerstag, 19.12.19
Zum Glück hatten wir unter unserem Moskitonetz geschlafen. Sonst wären wir ganz ordentlich zerstochen worden. Aber bis wir alles wieder auf den Rädern verpackt hatten und abfahrbereit waren, hatte die Hitze schon ihren Tageshöhepunkt erreicht.
Wir zogen in Erwägung, in den kommenden Tagen deutlich früher aufzubrechen, um der unerträglichen Hitze des Tages zu entgehen.
Die Küste blieb weiterhin sehr abwechslungsreich, aber anstrengend. Kleine Orte mit Sandstrand, Felsenklippen, Hügellandschaft und Fischerdörfer wechselten immer wieder ab. Dabei führte die Straße ziemlich regelmäßig für einige km durch die Berge und brachte steile Anstiege und viele Höhenmeter mit sich.
So waren unsere Akkus heute auch schon wieder nach 40 km leer gefahren und wir suchten uns in Puerto Cayo einen Schlafplatz. Über drei Ecken landeten wir dort am Ende bei den Bomberos, wo wir tatsächlich einen Schlafplatz angeboten bekamen. Wir wollten das zunächst nicht glauben und fragten dreimal nach. Es gab in Ecuador also doch Feuerwehr-Stationen, die eine Übernachtung erlauben.
Die Station in Puerto Ccayo ist sehr klein und die Verständigung war ungewöhnlich schwierig. So dauerte es seine Zeit, bis wir kapiert hatten, dass wir über Nacht alleine wären und man uns einschließen würde.
Es war auch nicht möglich, herauszufinden, in welchen Betten wir denn nun schlafen sollten. Annett hatte mit ihrer Wahl dann auch gewaltiges Pech: Das Bett ihrer Wahl war wohl schon von einem der Bomberos belegt. So verstand sie zumindest den Kollegen im Laufe des Abends. Also zog sie um. Unglücklicherweise hatte ihr neues Bett aber kein Moskitonetz. Genau dieses Netz erwies sich in der Nacht aber als dringend erforderlich. So zog sie irgendwann in der Nacht wieder in das erste Bett um, weil der Kollege es diese Nacht offensichtlich doch nicht nutzte. Weil das Mückennetz über diesem Bett jedoch Löcher hatte, blieb sie dennoch nicht von den Mücken verschont.
Freitag, 20.12.19
Annett war am Morgen wie gerädert. Die Mücken, der nächtliche Umzug, die musikalische Beschallung des Nachbarn bis in die Morgenstunden und die Hitze hatten ihre Spuren hinterlassen.
Auch unser Morgenprogramm verlief etwas anstrengend:
Ich hatte unseren Kocher abends schon im Funkzimmer aufgebaut, um mit dem Wasserkochen am frühen Morgen zügig starten zu können. Doch genau diesen Raum hatte der Chef ebenfalls abgeschlossen. So kamen wir an zwei Packtaschen und den Kocher erst heran, als der Chef um 7 Uhr eintraf.
Als wir dann fast abfahrbereit waren, ließ uns der Chef noch einmal für 10 Minuten alleine. Er hatte noch etwas zu erledigen. Er verschloss hinter sich die Türe und hatte uns damit erneut eingeschlossen. Wäre ja nicht tragisch gewesen, doch aus seinen angekündigten 10 Minuten wurde mehr als eine halbe Stunde, die wir nun zwangsläufig warten mussten.
Da brachten uns die Bomberos in Argentinien deutlich mehr Vertrauen entgegen: Sie machten eine Kopie von unseren Pässen und dann ließen sie uns in Ruhe.
Irgendwann ging es dann doch weiter und wir freuten uns, dass die Straße nördlich von Puerto Cayo über viele km ausnahmsweise mal ohne nennenswerte Steigungen am Meer entlang verlief. So schafften wir mal wieder richtig Strecke bis zur großen Mittagshitze.
Mit dem Baden im Meer war es etwas schwierig: am Vormittag wollten wir die morgendliche Kühle fürs Radeln nutzen und am späten Nachmittag war der Wind uns schon zu heftig und zu kalt zum Baden.
In San Lorenzo dauerte die Schlafplatzsuche heute ungewöhnlich lange. Die Bomberos benötigten fast eine ganze Stunde, um sich intern abzustimmen und uns letztendlich eine Absage zu erteilen, das Casa Communal fanden wir erst nach der vierten Wegbeschreibung, erhielten dort aber ebenfalls eine Absage und bei der Polizei schickten sie uns auch weiter.
Am Ende bauten wir neben der Halle der Bomberos im Sand das Zelt auf und freuten uns schon auf das vollständig eingesandete Vorzelt, denn der Wind blies hier an der Küste ganz ordentlich.
Samstag, 21.12.19
Dank Zelt hatten wir eine mückenfreie Nacht, doch der Wind hatte alles, wie erwartet, eingesandet. Auch der Zeltabbau wurde spannend, denn der böige Wind machte es unmöglich, alles kontrolliert zu falten. So glich das Zeltpacken heute eher dem Stopfen unserer Schlafsäcke.
Unser Vorhaben, in der Großstadt Manta einige Besorgungen zu erledigen, lief gehörig schief:
Die Suche nach Brennspiritus für unseren Kocher verlief zeitraubend und erfolglos und für die anstehenden Besorgungen im Bikeshop (Ketten, Flicken, Kettenöl) kamen wir zu spät. Ab 13 Uhr hatten die Läden jetzt bis Montagmorgen geschlossen.
Dafür klappte unsere Weiterreise über Rocafuerte Richtung San Clemento ausgesprochen glücklich: Wir hatten Manta noch nicht ganz verlassen, da nahm uns ein Pickup mit, der zufällig den gleichen Weg hatte und setzte uns 10 km vor San Clemento ab. So erreichten wir unerwartet heute wieder die Küste und konnten noch dazu bei den Bomberos hinter den Fahrzeugen unsere Schlafmatten auf dem Fußboden ausbreiten.
Wir konnten sogar die Küche nutzen, aber nur theoretisch: am frühen Abend kam eine riesige Ladung Mangos und Bananen für die Bomberos, die aus Platzmangel einfach auf den Fußboden in der Küche ausgeschüttet wurde. Natürlich waren wir nun ebenfalls zum Mango-Essen eingeladen. Damit war der verwehrte Zugang zum Gasherd verschmerzbar.
Sonntag, 22.12.19
Wir hatten einen Teil unserer Wäsche gewaschen und eine ruhige, entspannte Nacht unter unserem Moskitonetz hinter uns. Für die Runde Mangos bedankten wir uns mit einer Runde Brötchen vom Bäcker und bekamen prompt noch ein paar Mangos als Wegzehrung ins Gepäck.
Recht zügig schafften wir es über die Berge bis nach Bahia, wo wir das Strandleben an Küste und Flussufer auf uns wirken ließen. Dort suchten wir uns auch WiFi und organisierten erste Kontakte für die anstehenden Nächte in Quito, der Hauptstadt Ecuadors.
Montag, 23.12.19
Weil wir mit unserem Trinkwasser ziemlich leer gefahren waren, holte ich unseren Wasserfilter aus der Packtasche und wollte das Wasser fürs Frühstück und den anstehenden Tag eben schnell selber filtern. Doch zu meinem Entsetzen war der Filter dicht. Es kam kein Tropfen Wasser heraus.
Ich benötigte tatsächlich eine ganze Stunde, bis das Filtervlies wieder eingeweicht war und ich einen halbwegs großen Wasserstrahl in angemessener Zeit gefiltert bekam. Insgesamt hatte mich diese Aktion über zwei Stunden gekostet. Viel Zeit für 4 Liter gefiltertes Wasser.
Dann machten wir uns auf den Weg über den Rio Chone und weiter durch die Hügellandschaft Richtung Jama. Die Ruta del Sol hatten wir zwar schon hinter uns, doch mit Bahia de Caraquez, Canoa und Pedernales gab es noch ein paar sehenswerte Küstenstädte auf der weiteren Strecke Richtung Norden. Die Straße führte zwischen diesen Orten allerdings weitestgehend durchs Inland.
Am späten Nachmittag fehlte uns dann mal wieder die nötige Zeit, um Jama noch bei Helligkeit zu erreichen. Da ließen wir uns von einem Pickup für die letzten 30 km mitnehmen, um auf dieser gefährlichen Straße nicht bei Dunkelheit radeln zu müssen.
Zufällig musste unserer Fahrer bis nach Pedernales und so nahm er uns insgesamt 80 km mit. Das ersparte uns einen anstrengenden Radeltag auf Heiligabend und gab uns stattdessen den Spielraum für einen Pausentag.
Auch unsere Anfrage bei den Bomberos für einen Schlafplatz verlief erfolgreich. Wir legten uns mit unseren Matten und dem Moskitonetz in einen Abstellraum.
Dienstag, 24.12.19, Heilig Abend
Hohe Feiertage auf Reisen im Ausland waren bisher immer etwas spannend. So auch dieses Jahr. Um den Tag entspannt anzugehen, organisierten wir uns eine Unterkunft über Warm Showers und blieben für den Tag in Pedernales. So hatten wir die seltene Gelegenheit, in den Abend hinein das weihnachtliche Leben und Treiben auf den Straßen auf uns wirken zu lassen.
Hier in den Tropen feiern die Menschen draußen: Aus jedem zweiten Geschäft dröhnt weihnachtliche Partymusik, die Straßenküche präsentiert die Spezialitäten des Landes, aus den offenen Türen der Kirche erschallten Weihnachtsgesänge und alle Grünflächen im Stadtzentrum wurden von den Einwohnern als Partylandschaft genutzt.
Wir genossen das Treiben in der Stadt und gönnten uns sogar ein kühles Bier.
Mittwoch, 25.12.19
Vor dem Frühstück in der warmen Meeresbrandung baden gehen, dann Frühstück mit Blick aufs Meer, danach Aufbruch Richtung Quito in den Anden. Zufällig ergab sich eine Mitfahrgelegenheit im Pickup und aus den anfangs angestrebten 30 km wurde unterwegs die Mitnahme bis nach Quito, 260 km Strecke, per Auto immerhin ein Programm für 6 Stunden wegen der unzähligen Kurven und dem ständigen Auf und Ab. Wir waren etwas in Sorge wegen der fehlenden Höhenanpassung bei einem Aufstieg von Meeresniveau auf 2800 Meter Höhe in nur einem Tag. Doch unser Fahrer prüfte sofort per Pulsoximeter unsere Sauerstoffsättigung: Alles ok, wir hatten super Werte.
Krönender Abschluss war dann noch die Einladung zur Übernachtung im Haus des Fahrers nördlich von Quito und das Angebot einer Waschmaschine, die erste seit 5 Monaten.
Was für ein Weihnachtsfest 2019!
Donnerstag, 26.12.19 – Montag, 30.12.19
Zum Frühstück gab es einen traumhaften Ausblick auf Quito und die angrenzende Bergwelt. Das Haus unseres Gastgebers lag als Letztes oben im Berghang.
Danach fuhr uns unser Gastgeber mit dem Pickup noch bis ins Zentrum von Quito, um uns die vielen Höhenmeter zu ersparen. Tatsächlich kommen hier auf 24 km Strecke über 500 Höhenmeter zusammen. Die Straße führt permanent auf oder ab, meist als Schnellstraße ohne Seitenstreifen und für mehrere km auch noch durch einen engen Tunnel, der wegen seiner Gefährlichkeit per Fahrrad gar nicht machbar ist.
So erreichten wir schon am späten Vormittag unsere Bleibe in Quito, wo wir für mehrere Nächte bleiben durften.
Einzige Hürde: Erst mussten uns die 5 Hunde des Hauses nacheinander kennenlernen und als „Freund“ einordnen, danach durften wir ins Haus, um uns einzurichten.
Der mehrtägige Aufenthalt gab uns unter anderem den zeitlichen Spielraum für ausgiebige Besichtigungen in der Hauptstadt. Quito beherbergt einige sehenswerte Basiliken und Kathedralen, einige schöne Gassen und viele andere historische Gebäude aus der Kolonialzeit. Wir haben die Sehenswürdigkeiten von Quito in einem separaten Artikel detailliert beschrieben:
Quito in Ecuador – die Sehenswürdigkeiten.
Unsere Videos auf YouTube:
Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes raffte mich allerdings eine dicke Erkältung dahin: Kopfschmerzen, Schwäche, geschwollener Rachen und eine verschnupfte Nase vergällten mir jegliche Lust auf weitere Besichtigungen in der Stadt.
Als ich nach zwei Tagen dann wieder auf den Beinen war, stand die Buchung unseres Fluges von Mexiko nach Europa auf dem Plan. Das sollte unser letzter Flug im Rahmen dieser 5-jährigen Radreise sein.
Trotz der Routine, die ich mittlerweile bei Suche und Buchung von Flügen hatte, gab es jetzt wieder einige Überraschungen: Die preiswerteste Fluglinie hatte keine detaillierten Angaben zu den Gepäck-Bestimmungen und fiel gleich zu Beginn meiner Recherche aus dem Rennen. Zwei Buchungsportale fielen ebenfalls raus, weil bei der Eingabe der Personendaten nicht nach der Reisepass-Nummer gefragt wurde. Das erschien mir dubios. Und bei meinem Favorit-Angebot fehlte im Buchungsprozess die Möglichkeit, die Fahrräder als zusätzliches Gepäck zu buchen. Angeblich sei diese Buchung über das Kontaktformular möglich, was aber im ersten Anlauf gleich schiefging.
Ich kontaktierte den Kunden-Support und bekam die zielführenden Anweisungen. Warum schreiben sie das nicht schon so präzise in den Buchungsablauf?!
Unglücklicherweise zog sich die Buchung der Fahrräder als Gepäck dann bis ins neue Jahr 2020, weil unser Schriftverkehr in mehreren Schleifen ablief und die Feiertage dazwischen lagen.
Dienstag, 31.12.19, Silvester
Heute verließen wir Quito Richtung kolumbianische Grenze. Wir waren auf viel Regen gefasst, denn die Wolken über uns waren dunkel und sehr dicht.
In einem Bikeshop auf dem Weg pumpten wir noch einmal unsere Reifen auf und wurden prompt eingeladen auf eine Runde kostenlose Obst-Häppchen: Banane, Ananas und Mandarinen. Der Bikeshop veranstaltete gerade irgendeine Aktion. Wir bekamen sogar noch eine Tüte Obst als Wegzehrung mit ins Gepäck.
Dann ließen wir die ecuadorianischen Traditionen und Bräuche zur Jahreswende auf uns wirken:
In der Silvesternacht werden Lumpenmänner aus Holzwolle verbrannt. Mit diesen „Munecas“ geht alles Schlechte des scheidenden Jahres dahin. Und diese Puppen wurden über den gesamten Tag entlang der Straßen zum Verkauf angeboten. Es gibt in Quito sogar jährlich einen Wettbewerb um die schönste Lumpenpuppe. Bei den Gesichtern kann man wählen zwischen bekannten Politikern oder anderen Prominenten. Auch Superhelden und Märchenwesen sind vertreten.
Ein weiterer Brauch sind die „Witwen“ dieser Lumpenpuppen:
Männer in schlüpfriger Frauenkleidung und mit schrillen Perücken halten an Silvester jedes Auto an, tanzen eine Runde und dann geben die Fahrer ein Trinkgeld.
Es war viel los auf den Straßen. Aus jedem dritten Haus schallte laute Partymusik oder Folklore, viele haben wahre Konzertboxen vor ihrem Haus aufgestellt und beschallen die gesamte Straße.
An jeder Ecke wurde gegrillt und viele Straßenküchen boten wohlduftende Spezialitäten an.
Weil der Weg Richtung Norden aus Quito einen großen Hügel hinauf führte, benötigten wir tatsächlich zwei Stunden für den Weg bis an den Stadtrand. Unterdessen begann es zu regnen und die Weiterfahrt wurde etwas ungemütlich.
Dann folgte eine rasante Abfahrt über viele km hinunter ins Tal. Plötzlich waren wir wieder umgeben von einer grandiosen Bergwelt mit tief eingeschnittenen Bergfurchen mit Flussläufen. Im Tal überquerte man einen Fluss und dahinter ging es gleich wieder hinauf in den Berg. Dieses Runter und Rauf wiederholte sich einige Male und nahm uns auf Dauer die Kraft.
Am Abend erreichten wir Ibarra, wo wir erfreulicherweise bei den Bomberos unterkamen. Da half sicher der strömende Regen für die Einwilligung vom Chef der Kompanie.
Wir freuten uns, dass es zum Silvesterabend ein richtiges Bett und eine heiße Dusche gab. Vor einem Jahr blieb uns lediglich eine einsame Nacht im Zelt in der chilenischen Wildnis entlang der Carretera Austral.
Hier in Ecuador dagegen wurden wir gleich in die Feierlichkeiten in der Bomberos-Station mit einbezogen:
Es gab eine Runde Pizza mit Cola, vor 24 Uhr die feierliche Verbrennung der Lumpenpuppe und um Mitternacht viel Feuerwerk in der Nachbarschaft und eine Lage kaltes Bier.
Was für ein Jahreswechsel. Feliz Ano nuevo!
Mittwoch, 01.01.2020 Neujahr
Überall in den Straßen der Stadt lagen die Aschenhaufen herum, die von der Verbrennung der vielen Puppen übrig geblieben war.
Als sich die Wolken zum Teil verzogen hatten, brannte die Sonne und erzeugte schnell Hitze. Wir schauten uns noch die vielen sehenswerten Kirchen und Kolonialbauten in Ibarra an, danach verließen wir die Stadt.
Um zügig durch die Berge zu kommen, suchten wir uns an den Pässen eine Mitfahrgelegenheit. Das klappte heute auch ungewöhnlich gut, weil durch den Rückreiseverkehr nach den Feiertagen heute eine ganze Menge mehr Fahrzeuge auf der Straße waren. So schafften wir trotz der Gebirge heute 130 km Strecke und genossen das sagenhafte Panorama aus dem Auto heraus.
Im letzten Fahrzeug mussten wir wieder einmal auf der Ladefläche sitzen. Unglücklicherweise brach während unserer Fahrt der große Regen los. Da war es ungewöhnlich anstrengend, während der kurvenreichen Fahrt in dem kalten Regen die Regenhose überzuziehen. Durch die zunehmende Höhe wurde es zudem auch immer kälter. Unser Zielort Tulcan liegt immerhin auf 3000 m Höhe.
Völlig unterkühlt und leicht durchnässt erreichten wir in der Dunkelheit um 19 Uhr Tulcan und waren damit 5 km von der kolumbianischen Grenze entfernt.
Um 20 Uhr erreichten wir die Bomberos-Station und waren erleichtert, dass sie uns einen Schlafplatz gewährten.
Das Gebäude war allerdings sehr ungewöhnlich: Es gab tatsächlich keine Steckdosen. Auch die Kabel für die Beleuchtung hatten sie einfach auf den Putz genagelt. Und ab 21 Uhr gab es kein fließendes Wasser mehr auf dem ganzen Gelände.
Donnerstag, 02.01.2020
Die Nacht war kurz. Denn um 5 Uhr klingelte unser Wecker und um 6 Uhr mussten wir aus dem Gebäude sein. Das hatten wir gestern versprochen. So fuhren wir bei Regen und Dämmerlicht um 6 Uhr zum erstbesten Bäcker uns warteten geduldig, bis die ersten Brötchen fertig waren. Nach dem Frühstück vor der Bäckerei fuhren wir dann zur Grenze. Die Grenzstation befindet sich im Tal. So hatten wir eine schöne, lange Abfahrt.
Die Ausreise war schnell erledigt. Es gab den Stempel in den Pass und das wars. Dann ging es über eine Brücke und 100 Meter weiter erfolgte die Einreise nach Kolumbien.
Weiter geht es mit dem Reisebericht über Kolumbien.
Resümee zum Ecuador Reisebericht
Wir waren noch keine Stunde in diesem Land, da lud man uns schon zu einer eisgekühlten Kokosnuss mit Strohhalm ein und organisierte uns eine Hotelübernachtung. So ähnlich äußerte sich die Gastfreundschaft und die Herzlichkeit der Menschen über unseren gesamten Aufenthalt: Es gab kleine Geschenke beim Einkauf oder die Einladung zu besonderen kulinarischen Spezialitäten des Landes. Dabei wird uns die Vielfalt an tropischen Früchten auf ewig in Erinnerung bleiben.
Wir erlebten die Ruta del Sol entlang der Pazifikküste, einige nette Küstendörfer und den gewaltigen klimatischen Unterschied zwischen der tropisch heißen Küste und den nasskalten Anden.
Die Strecke zwischen Quito und der Grenze zu Kolumbien ist sehr anstrengend per Fahrrad. Es gibt viele Pässe mit unzähligen Kurven und vielen Höhenmetern.
Insgesamt waren wir von Ecuador begeistert und möchten dieses Land in unseren Erinnerungen nicht missen.
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